Der Lebensraum der Weihen in Rheinhessen und der Nordpfalz

Die Planung vernetzter Biotopsysteme, Bereich Landkreis Alzey-Worms, Ministerium für Umwelt und Forsten, Rheinland-Pfalz, LfUG hält unter Berücksichtigung der Lebensräume von Vogelarten ein Freihalten der Landschaft von Freileitungen und Windkraftanlagen zur Sicherung der Rastplatzfunktion für durchziehende Vögel für erforderlich. - [...] prioritär ist die Sicherung von Offen- und Halboffenlandbiotopen, um die noch vorhandenen Restbestände der typischen wärmeliebenden Tierarten der rheinhessischen Kulturlandschaft zu erhalten."

"Das Alzeyer Hügelland hat eine herausragende Bedeutung in Rheinland-Pfalz als Lebensraum von "Steppentierarten" wie Korn- und Wiesenweihe, Steinschmätzer, Brachpieper oder Grauammer" (Wachtel, Rebhuhn usw.)

Das Alzeyer Hügelland ist eine großräumig offene, kleinreliefierte und nahezu waldlose Region innerhalb des Landkreises. Sie wird durch eine Vielzahl von Kleinstrukturen charakterisiert, die sich um die Ortschaften, auf Hügeln und Kuppen, in flachen Talmulden und im Umfeld von Abgrabungsflächen konzentrieren.

Das Alzeyer Hügelland wird durch ein System von naturnahen, in die Agrarlandschaft eingebetteten Kleinstrukturen und von Vernetzungskorridoren mit extensiv genutzten Biotopen geprägt; hier finden die charakteristischen Lebensgemeinschaften einer offenen Agrarlandschaft dauerhafte Existenzbedingungen vor. [...]

Weite Teile des Donnersbergkreises, wie die Hochflächen der Alsenz-Höhen und des Lichtenberger Höhenrückens, die Kaiserstraßensenke und das Rheinhessische Tafel- und Hügelland sind offene Agrarlandschaften, in denen der Ackerbau dominiert. [...]

Als typische Arten für großflächig offene Agrarlandschaften mit Ackerflächen und weitgehend fehlenden höheren Gehölzstrukturen sind, neben der Grauammer, die Weihenarten (Wiesenweihe, Korn- und Rohrweihe) besonders herauszustellen. [...] Die Vorkommen von [S.41] Wiesen- und Kornweihe im Donnersbergkreis sind von landesweiter Bedeutung, da hier der größte Teil des rheinland-pfälzischen Brutbestandes vorkommt. Auch die Rohrweihe, deren Vorkommensschwerpunkt in Rheinland-Pfalz in den Röhrichtbeständen des Oberrheingrabens liegt, hat in den letzten Jahren vereinzelt in Getreideäckern der offenen Agrarlandschaft der Pfalz und Rheinhessens gebrütet." (Planung vernetzter Biotopsysteme, Kreis Alzey-Worms und Bereich Donnersberg Biotopstrukturen der Ackerlandschaft u. "Ziel der Planung.)

Das GNOR-Gutachten (zur Ermittlung definierter Lebensraumfunktionen bestimmter Vogelarten, Vogelzug, Brut- und Rastgebiete) weist Brut- und Mausergebiete für Vögel aus, die im Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) als streng zu schützende Vogelarten geführt werden, und für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Nach Angaben der GNOR beträgt die Größe von Jagdrevieren der Wiesenweihe und damit der Raumbedarf zwischen 500 und 800 ha (S.43). Der hohe Schutzstatus wie auch die Sensibilität dieser Vögel fordert weiträumige Ausschlussgebiete für die Windenergie. Dies schließt alle aktuell bekannten Brutgebiete und solche, die in jüngerer Vergangenheit besetzt waren (vergangene 10-15 Jahre), ein. Um den hohen Schutzanspruch zu verdeutlichen, schlägt die GNOR den Rückbau der Windindustrieanlagen für das zerstörte Weihengebiet bei Ilbesheim und das Landesamt für Umweltschutz den der Flomborner Anlagen vor (Allgemeine Zeitung).

 

Die Wiesenweihe (Circus pygorgus)

Vom Aussterben bedrohter Zugvogel (Rote Liste Kategorie I), der in Rheinhessen auf dem Hochplateau zwischen Ober-Flörsheim und dem Zellertal zu finden ist

Sie ist unsere kleinste Weihe, die leicht mit der Kornweihe verwechselt werden kann.
Merkmale: Männchen: Blaugrau mit rötlicher Strichelung an der hellen Unterseite, ohne weißen Bürzel. Im Flug deutlich schwarze Binde auf den Armschwingen erkennbar. Weibchen: Ähnlich der Kornweihe und im Freien kaum von dieser zu unterscheiden.
Verbreitung: Europa bis Sibirien, südlich der nordischen Waldzone.
Biotop: Brutplätze Verladungsgesellschaften bis trockenes Wiesen und Ackerland. Jagdgebiet über ähnlich offenen Flächen.
Nahrung: Vorwiegend Mäuse und am Boden sitzende Kleinvögel, auch Eidechsen, Frösche, Insekten.
Brut: Horst am Boden in dichter Vegetation. 4-6 Eier im Mai. Brutzeit 30 Tage. Junge nach weiteren 40 Tagen flügge.
Überwinterung
: Zugvogel.
Alter: Ältester Ringvogel 16 Jahre

Quelle: Technische Universität München

 

Nicht nur in Rheinhessen, auch in anderen Gegenden ist die scheue Wiesenweihe ein gern gesehener Gast:

Die Wiesenweihe in Mainfranken
Eine Wiedergeburt, so scheint es, erlebt die international vom Aussterben bedrohte Wiesenweihe - zumindest in den Landkreisen Würzburg und Neustadt/Aisch. Ihre angestammten Lebensräume - Feuchtflächen, Moor- und Flußlandschaften - wurden mehr und mehr zu Gunsten landwirtschaftlicher Nutzung vernichtet. Wenngleich Getreidebruten bei Weihen kein neues Phänomen sind, sucht sich der als Wiesenbrüter bekannte Vogel seit einigen Jahren bevorzugt Wintergerstenfelder als Brutplatz aus. Der Greifvogel, der früher im hiesigen Raum nicht vorkam, nimmt offensichtlich das üppige "Angebot" im Ochsenfurter- und Gollachgau gerne an. So steigerte sich dieAnzahl der ausgeflogenen Jungvögel seit den anfanglich sicherlich unzureichenden Beobachtungen ab 1994 von vier auf 80 Jungvögel im Jahre 1999. Verantwortlich für die Besiedlung der Mainfränkischen Plattenist wahrscheinlich die seit langem bekannte, positive Entwicklung der lothringischen Getreidebrüterpopulation (Elsaß, nordpfalzisches Bergland, Saarland). Lebensraum Agrarlandschaft: Unterstützt wird diese Annahme durch Parallelen anderer besiedelter Gebiete, wie Hellwegbörde oder Nordpfalzer Hügelland. Beide sind überwiegend ackerbaulich genutzt, sind überdurchschnittlich fruchtbare Gebiete mit geringen bis mittleren Niederschlagsmengen, sind arm an Gehölzstrukturen, naturnahen Landschaftselementen und Wald, sind weiträumig offen, flachwellig und vermitteln das Bild einer ausgeräumten Landschaft, weisen typische Begleitvogelarten auf (z. B. Schafstelze, Kiebitz, Rebhuhn, Wachtel,Grauammern).
Die Verfügbarkeit von Beute für die Wiesenweihe läft sich wahrscheinlich auf die sehr gute Bodenqualität zurückführen. Diese ermöglicht den Anbau von Zuckerrüben und Gemüse. Wenn Getreidefelder mit zunehmendem Alter aufgrund ihrer Dichte und Höhe als Jagdgebiete kaum noch in Frage kommen, bieten Rüben- und Gemüsefelder noch gute Jagdmöglichkeiten. Und wenn auch diese Schläge immer mehr zuwachsen, so werden bald schon die ersten Wintergerstenfelder geerntet.

Für den Ochsenfurter- und Gollachgau stehen wegen bester Ernteerträge keine Stillegungsflächen zur Verfügung. Daher haben hier Ackerraine und grasige, Feldwege, bevorzugte Jagdgebiete aller Weihen, eine besondere Bedeutung. In diesen Strukturen herrscht mit unter eine beachtliche Kleinsäugerdichte vor, eine ideale Nahrungsgrundlage zur Jungenaufzucht. Dies wird eindrucksvoll durch den Fall einer Wiesenweihenbrut im Jahr 1999 belegt: Es gab ein Rekordergebnis von 7 Jungvögeln, die alle in bestem Zustand und gut genährt ausflogen [AUF DEM HOCHPLATEAU BEI OBER-FLÖRSHEIM SIND ES NOCH MEHR - SOGAR DAS VON M. KORN ERSTELLTE, VON DER WINDENERGIEFIRMA JUWI FINANZIERTE UNZUREICHENDE "GEFÄLLIGKEITSGUTACHTEN" VERZEICHNET 9 JUNGVÖGEL!! - T. F.]. Eine von Dr. Ristow und von Prof. Dr. M. Wink, Rupprecht-Karl-Universität Heidelberg, durchgefuhrte DNA-Untersuchung ergab, daß jeweils 3 bzw. 4 von den 7 Jungvögeln Vollgeschwister waren. Das bedeutet, daß ein Männchen zwei Weibchen "versorgte". Selbst ein starkes Mänachen wie in diesem Fall ist von einem guten Nahrungsangebot abhängig. Genau dieses war hier mit bis zu 4 m breite Feldraine gegeben.
Gefährdung durch Ernte: Als Getreidebrüter ist die Wiesenweihe vor allem durch Erntearbeiten gefährdet. In den letzten 30 Jahren hat sich der Erntezeitpunkt der Getreidefelder um etwa 14 bis 21 Tage nach vorne verlagert. Auch die Erntedauer hat sich durch den Einsatz von Maschinen verkürzt. Lassen sich die Erntearbeiten nicht hinausschieben, sind Schutzmaßnahmen erforderlich. Seit 1994 haben vier ehrenamtliche Mitarbeiter des LBV, Edgar Hoh, Herbert Klein, Ralf Krüger und Otmar Leuchs, mit großem Aufwand die Nester der Wiesenweihen ausfindig gemacht und mit dem Flächeneigentümer Vereinbarungen getroffen. Dabei kam die sog. "westfälische Methode" zur Anwendung: Um den Horst bleibt eine Fläche von ca. 50 x 50 m stehen, die erst nach dem Ausfliegen der Jungen gemäht wird. Die Landwirte, die hier durch ihre entgegenkommende Zusammenarbeit zu loben sind, werden durch den Freistaat bzw. die Untere Naturschutzbehörde entschädigt. Die Entschädigung richtet sich nach Wertigkeit (Saatgetreide wird z. B. höher entschädigt) und Größe der Fläche. Am 19. 8. 1999 fanden die Bemühungen der LBVler und der Landwirte staatliche Bestätigung: Unter großer öffentlicher Anteilnahme wurden die Beteiligten von den Staatssekretärinnen für Landwirtschaft, Marianne Deml, und Umwelt, Christa Stewens mit einer Urkunde der bayerischen Staatsregierung ausgezeichnet. Außerdem wurde ein bayerisches Artenhilfsprogramm Wiesenweihe ins Leben gerufen, das die Schutzbemühungen auch langfristig sichern soll. EDGAR HOH

Quelle: Landesbund für VOgelschutz Kreisgruppe Würzburg - Verband für Arten- und Biotopschutz in Bayern e. V.