Justiz befasst sich mit Streit um Windkraftanlage
WASSERBURG (pem) - Der Streit um die geplante Windkraftanlage in Hengnau geht
in die erste juristische Runde. Gestern kamen die Richter des Verwaltungsgerichtes
Augsburg zu einem Ortstermin an den Bodensee. Die Verhandlung soll später folgen.
Wie berichtet, plant der Ingenieur Kuno Knaisch den Bau einer Windkraftanlage
in Hengnau. Einschließlich Rotorblättern ist das Bauwerk rund 100 Meter hoch.
Geplant ist das Vorhaben seit mehr als zwei Jahren. Fast 500 000 Mark hat Knaisch
investiert, um zu klären, ob es in Hengnau ausreichend Wind gibt. Gescheitert
ist das Projekt bislang am Widerstand von Landrat Dr. Manfred Bernhardt. Das
Landratsamt hatte eine Bauvoranfrage von Knaisch abgelehnt. Den Widerspruch
dagegen hat auch die Regierung von Schwaben zurückgewiesen.
Bernhardt beruft sich auf den Regionalplan. Laut diesem Plan ist der Landkreis
Lindau - anders als beispielsweise das Ober- oder Unterallgäu - von so genannten
raumbedeutsamen Anlagen freizuhalten. Als solche gelten Windräder mit mindestens
50 Metern Nabenhöhe. Nach Ansicht von Dr. Bernhardt, der den Regionalplan in
Sachen Windkraft maßgeblich beeinflusst hat, "verschandeln" solche Anlagen die
Landschaft. Eine 100 Meter hohe Anlage sei mit dem Landschaftsbild nicht vereinbar.
Für Kuno Knaisch stellt sich die Lage anders dar. Der Regionalplan ist seit
1. November 1999 in Kraft. Seine Bauvoranfrage datiert aber aus dem Frühjahr.
"Das Landratsamt hat sich mit der Bearbeitung so lange Zeit gelassen, bis der
Regionalplan formell in Kraft trat", sagt Knaisch. Der Ingenieur verweist auf
mehrere Kontakte mit dem Landratsamt. Dabei sei er im Januar 1999 aufgefordert
worden, eine Bauvoranfrage einzureichen. "Es ist gelinde gesagt eine Sauerei,
wenn ein Landrat einen privaten Investor in sein finanzielles Verderben rennen
lässt", sagt Rechtsanwalt Hermann Schmidbauer. Der Kemptener vertritt Knaisch.
Hintergrund der Kritik: Landrat Dr. Bernhardt hatte sich bereits im September
1998 als Gegner von Windkraftanlagen erklärt. Im "Darmstädter Manifest" äußern
99 Forscher, Politiker und Schriftsteller ihre "größte Besorgnis" wegen des
Ausbaus der Windenergienutzung. Bernhardt hat an fünfter Stelle unterzeichnet.
"Ich war immer Vorreiter eines klaren Kurses", formuliert Bernhardt seinen Standpunkt.
Eine Bauvoranfrage sei nötig gewesen, um das Verfahren förmlich behandeln zu
können. Niemals habe das Landratsamt Knaisch eine Baugenehmigung in Aussicht
gestellt.
Bernhardt und die Regierung von Schwaben berufen sich bei ihrer Ablehnung auch
auf den Wasserburger Gemeinderat, der die Bauvoranfrage in nicht-öffentlicher
Sitzung abgelehnt hatte. Auch das lässt Knaisch nicht gelten. Behandelt wurde
das Thema damals unter Sonstiges. "Die Gemeinderäte hatten deshalb keine Möglichkeit
sich vorher darüber zu informieren", so Knaisch. Gegen die Ablehnung des Projektes
hat er deshalb Klage eingereicht.
Wie Knaisch ist Dr. Bernhardt "zuversichtlich, den Prozess zu gewinnen". Der
Rechtsstreit werde über die Grenzen Bayerns hinaus beachtet. "Wenn die Anlage
genehmigt würde, wäre bald der ganze Landkreis bestückt mit solchen Rädern",
sagt Dr. Bernhardt. Der Landrat stellte sich auch gegen die Juristen des Bayerischen
Gemeindetages. Die hatten den Gemeinden geraten, bestimmte Flächen für Windkraftanlagen
auszuweisen. Dann hätten sie nur an diesen Orten gebaut werden können. Der Landrat
aber möchte den ganzen Kreis von entsprechenden Wind-rädern freihalten.