Dalsheim, den 17. Juni 2001

Sehr geehrter Herr Benkert,

am 6. Dez. 2000 schrieben Sie mir: "Aber was nutzt das, wenn die Stadt gesetzliche Vorgaben einhalten muss? Bundes- und Landesrecht bricht kommunale Selbstbestimmung. Das einzige, was die Stadt verhindern konnte, war "Wildwuchs". Die vom Stadtrat zu genehmigenden und genehmigten Windkrafträder (3 in Dautenheim und 3 in Heimersheim) sind Erfüllung der gesetzlichen Mindestforderung." - Doch eben damit irrt die Stadt und öffnet dem "Wildwuchs" Tor und Tür!

Meine diesbzgl. an Sie gerichteten Fragen haben Sie mir leider noch nicht beantwortet. Mit der Bitte um Stellungnahme wiederhole ich sie daher noch einmal:

  1. Sie schreiben von einer "Mindestforderung". Nennen Sie bitte die gesetzlichen Vorgaben, welcher "gewissen Anzahl von Windkonvertern" die Stadt Alzey zustimmen muss.
  2. Welche anderen/weiteren gesetzlichen Vorgaben bezüglich Windenergienutzung hat die Stadt Alzey einzuhalten?
  3. Inwiefern bricht Bundes- und Landesrecht kommunale Selbstbestimmung? Könnten Sie mir dies konkret an Beispielen verdeutlichen?
  4. Läuft das Heimersheimer Vorhaben nicht strikt dem Landschaftsschutzgesetz zuwider? Der Schutzzweck der natürlichen Eigenart der Landschaft ist darauf gerichtet, den Außenbereich seiner naturgegebenen Bodennutzung zu belassen und als Erholungslandschaft der Allgemeinheit vor dem Eindringen wesensfremder und der Erholung abträglicher Nutzung zu bewahren.
  5. Entspricht das Heimersheimer Vorhaben dem Schutzzweck des Landschaftsschutzgesetzes?
  6. In Dautenheim hat die Stadt eine Fläche für die Nutzung von Windenergie in einem "vorbelasteten Gebiet" ausgewiesen. Das Gebiet der Heimersheimer Gemarkung jedoch ist völlig "unbelastet".
  7. Muss die Stadt einen Antragsteller nicht auf bereits ausgewiesene Flächen verweisen, um so "Wildwuchs" zu vermeiden? Anderen Orts, z. B. im Donnersbergkreis, geschieht dies.
  8. Befördert die Stadt mit der Genehmigung der drei Heimersheimer Windräder nicht gerade erst "Wildwuchs", indem sie dem Bau von Industrieanlagen im vollkommen unbelasteten Außenbereich - umgeben von gesetzlich geschützten Landschaftsbereichen - zustimmt?

Bzgl. Ihrer zu erwartenden Stellungnahme möchten Sie bitte, die im Folgenden angeführten Tatsachen bzw. Sachverhalte berücksichtigen, da Sie Ihnen hervorragend als "Handreichung" für eine Entscheidung zugunsten der uns so wichtigen Ziele - Erhalt und Verbesserung der uns umgebenden Landschaft und Natur - kurz Umwelt -, dienen können.

Viele Gemeinden, die keine Windindustrie wünschen, sind der irrigen Ansicht, sie seien politisch und gesetzlich aufgrund der baugesetzlichen Privilegierung der Windindustrie gezwungen, "Sondergebiete" für Windnutzung im Flächennutzungsplan darzustellen, um "Wildwuchs" zu vermeiden.

Allgemein:

  • Das von den Planungsgemeinschaften 1997/98 erarbeitete "Standortekonzept" zeigt Vorrang- oder Vorbehaltshltsflächen auf, die für Windnutzung geeignet erschienen. Rechtlich bindend können  diese "Ausweisungen" jedoch die Planungshoheit der Gemeinden nicht einschränken. Denn "das Standortekonzept ist für die Flächennutzungsplanung als Handreichung zur Ausweisung entsprechender Sondergebiete zu verstehen. Eine Anpassungspflicht für die Bauleitplanung nach § 1 (14) BauGB wird mit diesem Konzept nicht begründet." (Zitat aus dem Standortekonzept 12/97, S.4).

! Die Gemeinden müssen also nicht - entgegen anders lautender Meinung - Flächen für Windkraftnutzung in Flächennutzungsplänen darstellen. Das geänderte Baugesetzbuch fordert dies nicht, und vorgesetzte Behörden dürfen sie nicht dazu zwingen.

  • Kaum eine Gemeinde wusste oder weiß, dass sie nicht zwingend Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stellen muss. "Sind im Gemeindegebiet keine für Windenergienutzung geeigneten Flächen vorhanden oder stehen bei den geeigneten Flächen überragende öffentliche Belange entgegen, kann die Gemeinde auf die Darstellung von Flächen zugunsten der Windenergienutzung verzichten und Anträgen auf Zulassung einer Anlage das erforderliche Einvernehmen nach § 36 Abs.1 i. V. m. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB versagen. Dabei muss sie konkret darlegen, welche öffentlichen Belange dem einzelnen Vorhaben entgegenstehen. Auf diesem Weg können Windenergieanlagen in einem Gemeindegebiet gänzlich ausgeschlossen werden. Benachbarte Gemeinden können eine gemeindeübergreifende Koordination der Ansiedlung von Windenergieanlagen mittels eines gemeinsamen Flächennutzungsplans unter den besonderen Voraussetzungen des § 204 Abs.1 BauGB erreichen. Auf diesem Weg können Windenergieanlagen in einem Gemeindegebiet gänzlich ausgeschlossen werden.
  • Die durch § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB baugesetzliche Privilegierung im Außenbereich steht unter dem Vorbehalt anderweitiger Festsetzungen in Raumordnungs- und Flächennutzungsplänen. Enthält ein derzeit gültiger kommunaler Flächennutzungsplan kein "Sondergebiet Windnutzung" sind dort Windindustrieanlagen nicht genehmigungsfähig. Denn sie stehen dem Flächennutzungsplan, öffentlichen Belangen, der Gemeinde entgegen.
  • In unserem Bundesland Rheinland-Pfalz sind Bauwerke bzw. Anlagen ab einer Höhe von 35 Metern raumbedeutsam. Unter Auslassung dieses Aspektes und gesetzlicher Verfahrensschritte wurden Windrotoren von 99,9 Meter und höher genehmigt.

Im konkreten Fall:

  • Den Empfehlungen des Bundesamtes zur Auswahl der "Gunststandorte" für Windenergienutzung hat die Stadt Alzey nicht entsprochen. Den Empfehlungen entsprechend sind Standorte,
    • die eine hohe Vorbelastung aufweisen (Industrieflächen, Gewerbestandorte) zu wählen.
    • Windkraftanlagen sind an wenigen Standorten zu konzentrieren.
    • Dabei sind solche mit räumlicher Nähe zu Leitungen und Umspannanlagen zu berücksichtigen.

Diese Flächen hat die Stadt Alzey mit dem (ebenfalls rechtlich bedenklichen) "Dautenheimer BürgerWindpark" geschaffen. Den Empfehlungen des Bundesamtes gemäß soll einer Ergänzung von Windkraftanlagen Vorrang vor der Ausweisung neuer, unbelasteter Flächen gegeben werden. Verweis auf Planvorbehalt § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB, wonach öffentliche Belange einer Windenergieanlage in der Regel auch dann entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. (Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen).

  • Schon die der Windenergienutzung äußerst aufgeschlossen gegenüberstehende Universität Kaiserslautern schließt in einem im März 1996 erstellten Gutachten den Bau von Windindustrieanlagen im Bereich der unmittelbar an die Heimersheimer Gemarkung angrenzenden Erbes-Büdesheimer Gemarkung aus. Grund ist die Nähe zu dem Landschaftsschutzgebiet Rheinhessische Schweiz, das als Erholungsraum ausgewiesen und dessen Landschaftsbild laut Landesentwicklungsprogramm III Rheinland-Pfalz (1995) von besonderer Bedeutung ist. Ebenso will der Regionale Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe mit der vorgenommenen Ausweisung das natürliche Eignungspotential zur Erhöhung des Wohn- und Freizeitwertes und den Erhalt ökologischer Ausgleichswerte sichern. Das Gebiet soll in erster Linie die Erholungsfunktion übernehmen (S.37-39 des Gutachtens).

Die geplanten Windindustrieanlagen würden wegen ihrer überproportionalen Höhe und mit der von den Rotoren ausgehenden Unruhe in Form von Lärm, ständiger Bewegung und bewegten Schattenwurfs die Harmonie und Ruhe des gesamten Gebietes vollkommen zerstören und es als Erholungsraum wertlos machen.

Nach § 13 BNatSchG gilt der Schutz auch für die Umgebung geschützter oder schützenswerter Bereiche. Sie sind der Lebensraum zahlreicher wildlebender Tiere und Pflanzen. Diese sowie ihre Lebensgemeinschaften als Teil des Naturhaushalts sind nach § 10 BNatSchG in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Artenvielfalt zu schützen. Auch ihre Lebensstätten und Lebensräume (Biotope) sowie ihre sonstigen Lebensbedingungen sind zu bewahren, zu pflegen, zu entwickeln und wiederherzustellen.

  • Für die drei geplanten Industrieanlagen wurde die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt. Die erforderliche Ermittlung öffentlicher und privater Belange und ihrer Erheblichkeit sowie deren Abwägung wurde versäumt. Das Versäumnis ergibt sich aus § 8 Abs. 10 BNatSchG, insbesondere aber aus der seit dem 14.3.1999 für Deutschland verbindlich und unmittelbar anzuwendenden UVP-Richtlinie (85/337/EWG vom 27. Juni 1985 und die UVP-Änderungsrichtlinie Nummer 97/11/EG vom 3. März 1997; siehe auch EuGH-Urteile vom 24. Oktober 1996 - 4 C-72/95 - und vom 22. Oktober 1998 - Rs. C-301/95). Die UVP-Richtlinie ist anzuwenden bei den im Anhang II.3.i der Richtlinie genannten Vorhaben: "Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung", die nach § 35 BauGB privilegiert sind.

Aufgrund des Standortes, der besonderen örtlichen Gegebenheiten, der Art und der Größe der Anlagen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten. Daher ist die Behörde verpflichtet, eine der Richtlinie folgende UVP und FFH-VP durchzuführen.

Die Genehmigungsbehörde argumentierte, bei der geringen Anzahl der Anlagen auf die UVP verzichten zu dürfen. Die Richtlinie jedoch sieht eine willkürliche Festsetzung von Schwellenwerten durch die Mitgliedstaaten zwecks Umgehung der UVP nicht vor. Ebenso stellt die ständige Rechtsprechung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes die Rechtswidrigkeit dieser Schwellenwerte fest. (Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-392/96, 21. September 1999, Umwelt - Richtlinie 85/337/EWG - Verträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - Festsetzung von Schwellenwerten).

  • Die Sicherheitsabstände der Anlagen reichen nicht aus, eine massive Gefährdung von Leib und Leben auszuschließen. Unfallgefahr besteht durch abbrechende Teile, verursacht durch nachlässige Wartung, Sturmschäden, Blitzschlag, Materialfehler, laufzeitbedingten Verschleiß (Belege können erbracht werden). Sich lösende Materialteile und kiloschwere Eisbrocken werden mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h und mehr über 500 m weit weggeschleudert. (Dr. Robin A. Gordon, Mathematiker).
  • Die Angaben zur räumlichen Wirkung des von den Anlagen ausgehenden Lärms basieren auf Rechenmodellen, die den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht werden. Bei Akteneinsicht konnte wegen der Kürze der behördlich gewährten Zeit nicht festgestellt werden, ob und wie das Auftreten und die Ausbreitung insbesondere von Einzeltönen ermittelt und bewertet wurden. Ebenso war nicht ersichtlich, dass den Forderungen der TA Lärm entsprechend Messungen von einem unabhängigen Institut bzw. dem Landesumweltamt durchgeführt wurden. Nicht erkennbar war, ob Lärmminderungsvorkehrungen vorgesehen sind. Das Plangebiet grenzt unmittelbar an Teile der oben aufgeführten Landschaftsschutzgebiete an. Es befindet sich etwa 1,6 km vom Dorfkern und etwa 800 m von den letzten Häusern des Ortes Heimersheim entfernt.

"Im Hinblick auf die Relevanz für Erholungssuchende erfordert insbesondere das Auftreten von Einzeltönen im Bereich um 300 Hertz eine differenzierte Betrachtung. Diese Einzeltöne sind abhängig von der Drehzahl der Anlage und können in Abhängigkeit von Betriebsbedingungen der Windkraftanlagen zeitlich in ihrer Tonhöhe schwanken. Diese Schwankungen können sehr starke Belästigungen hervorrufen, sie können für das Ohr unerträglich werden und zu einer nervlichen Dauerbelastung führen. Der Effekt kann grundsätzlich jederzeit auftreten, ist aber insbesondere in den Abend- und Nachtstunden besonders belästigend, da dann Geräuschimmissionen durch andere Lärmquellen zurücktreten und die Einzeltöne dominieren. Dieses Phänomen konnte noch in einer Entfernung von 3-5 km zu einer Gruppe von Windkraftanlagen beschrieben werden. [...] Solange diese Geräuscheffekte in der Praxis nicht ausgeschlossen sind, sollte in Erholungs- und Fremdenverkehrsgebieten vorsorglich ein "Erholungszuschlag" in Anrechnung gestellt werden. [...] Auch im Hinblick auf wahrnehmungspsychologische Erfahrungen sollten bundesweit größere Abstände (mindestens 2 km) zu fremdenverkehrsbetonten Siedlungen eingehalten oder besondere Schutzauflagen vorgegeben werden." (Bundesamt für Naturschutz "Projektgruppe Windenergienutzung", 2000).

  • Lichtreflexe (sogen. Discoeffekt) und Schattenschlag machen sich bis auf mindestens 1 km (bis zu >5 km) sehr lästig bemerkbar. (Bundesamt für Naturschutz "Projektgruppe Windenergienutzung", 2000).

Diesbezügliche Untersuchungen, Vermeidungs- bzw. Verminderungsbeschreibungen sind in den Unterlagen zu dem Heimersheimer Projekt nicht festzustellen. Das Oberverwaltungsgericht Münster forderte in seiner Entscheidung (Az. 7 A 629/95) vom 15. Juli 1998 Aufklärung zu den "gesundheitlichen Folgen von Schattenwurfeffekten insbesondere mit Blick auf die bewirkten abrupten Hell-Dunkel-Veränderungen. [...] Hinzu kommt die Rotorbewegung, denn diese verstärkt die belastende Wirkung der Anlage auf die Nachbarschaft. [...]. Bereits die Drehbewegung als solche über eine Fläche von 232 qm löst Unruhe aus und bewirkt dadurch eine optische Beeinträchtigung des Nachbarbereichs. Ein bewegtes Objekt erregt die Aufmerksamkeit in höherem Maße als ein statisches: Die Bewegung wird selbst dann registriert, wenn sie sich nicht in der Blickrichtung des Betroffenen, sondern seitwärts von dieser befindet. Sie wird um so stärker verspürt, je näher sich das bewegte Objekt zum Betrachter befindet bzw. je größer die Dimension der Bewegung ist, denn von diesen Komponenten hängt es ab, in welchem Maße sich innerhalb des Gesamtblickwinkels des Betroffenen Bewegung vollzieht. Eine nur durch Phasen relativer Windstille unterbrochene ständige, nach Windstärke in der Umdrehungsgeschwindigkeit differierende Bewegung im oder am Rande des Blickfeldes kann schon nach kurzer Zeit erst recht auf Dauer unerträglich werden. Ein sich bewegendes Moment zieht den Blick nahezu zwanghaft auf sich. Es kann Irritationen hervorrufen und die Konzentration auf andere Tätigkeiten wegen der steten, kaum vermeidbaren Ablenkung erschweren." - Bezüglich der Größe der Fläche ist anzumerken, dass sich genannte Angaben auf kleine Anlagen beziehen. Die in Heimersheim geplanten Anlagen E-66 bestreichen laut Herstellerangaben eine Fläche von über 3.800 qm = das 16-fache. Eine Entspannung des Erholungssuchenden in der Natur ist unter geschilderten Bedingungen nicht mehr möglich.

  •  Weitere Versäumnisse der gerechten Ermittlung und Abwägung von Belangen bestehen in Hinblick auf die avifaunistischen Gegebenheiten. Dies ist ganz besonders gravierend, da das Plangebiet unmittelbar an ein EU-Vogelschutzgebiet, "SPA" (Special Protect Area), angrenzt.

Weder das für die Gemarkung Heimersheim im Auftrag einer Windradbetreiberfirma erstellte Gutachten, noch die schriftliche Stellungnahme des Landesumweltamtes berücksichtigen die Erkenntnisse der Schriften des Bundesnaturschutzamtes, des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz und eines im Auftrag des Landesumweltamtes erstellten GNOR-Gutachtens (Gesellschaft für Naturschutz u. Ornithologie Rheinland-Pfalz e.V.) "Materialien zum Konfliktfeld 'Vogelschutz und Windenergie' in Rheinland-Pfalz".

Das Landesumweltamt trägt lediglich einer in § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB geforderten "Minderung" Rechnung, indem durch eine geänderte Aufstellung der Anlagen in Form eines Keils die Auflösung der "Barrierewirkung" erhofft wird. Weder das Auftragsgutachten noch die Stellungnahme des Landesumweltamtes lassen erkennen, dass geltendes Gemeinschaftsrecht wie die UVP-Richtlinie, die Vogelschutz- und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie berücksichtigt wurden.

Das soeben erwähnte Gutachten "Materialien zum Konfliktfeld 'Vogelschutz und Windenergie' in Rheinland-Pfalz" weist in der Tabelle auf S.35 "bei Erbes-Büdesheim" sowie in der Tabelle auf S. 45 "zwischen Weinheim und Heimersheim" (wie auch auf entsprechenden Karten) Brut- und Mausergebiete für Vögel aus, die im Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) als streng zu schützende Vogelarten geführt werden, und für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.(S. 44) Nach Angaben des GNOR-Gutachtens beträgt die Größe der Jagdreviere der Wiesenweihe und damit der Raumbedarf zwischen 500 und 800 ha (S.43). Der hohe Schutzstatus wie auch die Sensibilität dieser Vögel fordert weiträumige Ausschlussgebiete für die Windenergie. Dies schließt alle aktuell bekannten Brutgebiete und solche, die in jüngerer Vergangenheit besetzt waren (vergangene 10-15 Jahre), ein (S.44).

 Mit Verweis auf die von den Mitgliedstaaten einzuhaltenden gesetzlichen Forderungen des Artikel 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie sei dem Gutachten der Windradbetreiberfirma, das das Heimersheimer Projekt als avifaunistisch unbedenklich bewertet, die Aussagen des GNOR-Gutachtens gegenüber gestellt. Das Gutachten der Windradbetreiberfirma weist stichprobenartige Untersuchungen an sechs Terminen aus, von denen nur einer vier Stunden dauerte, die anderen sich auf eine halbe Std. bzw. 1 bis 3 Std. und 15 Min. beschränkten. Entsprechend dieses Minimalaufwandes ist die Qualität der Bewertung.

Im Widerspruch zu dieser Bewertung steht, dass das im Auftrag des Landesumweltamtes erstellte und oben erwähnte GNOR-Gutachten für das durch die Windindustrie zerstörte Weihengebiet bei Ilbesheim sogar den alsbaldigen Rückbau der Anlagen fordert. (S. 46)

Dem Landesumweltamt ist die Störungsempfindlichkeit von Weihen aufgrund des von ihm in Auftrag gegebenen GNOR-Gutachtens bekannt. Trotzdem geht es in seiner Stellungnahme zu dem im Auftrag der Windradbetreiberfirma erstellten Gutachten in keiner Weise auf die darin gemachten unzutreffenden Aussagen ein.

Aufgrund der geschilderten Sachverhalte erweist sich das im Auftrag eines Windradbetreibers erstellte Gutachten als ein sachlich unfundiertes Gefälligkeitsgutachten. Seine Mängel und Unrichtigkeiten sind darüber hinaus dem Landesumweltamt offenbar entgangen, da seine schriftliche Stellungnahme im Widerspruch steht zu dem von ihm selbst in Auftrag gegebenen GNOR-Gutachten sowie zu geltendem EU-Gemeinschaftsrecht.

  • Abschließend sei die Schrift des BfN, die bei der Planung in Alzey zu meinem Badauern keinerlei Berücksichtigung fand zitiert: "Aufgrund der potentiellen negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen, insbesondere auf die biologische Vielfalt und auf die Erholungsfunktion, muss ... sich der Ausbau auf ökologisch und landschaftsästhetisch verträgliche Standorte beschränken. Wahrnehmungspsychologen machen darauf aufmerksam, dass die von Windkraftanlagen ausgehende audiovisuelle Veränderung der Landschaft noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht wurde. Bekannt ist, dass die Bewegung der Rotorblätter und das diskontinuierliche Geräusch der Flügelschläge sowie "Einzeltonhaltige Geräusche" zwangsläufig, aufgrund naturgesetzlicher menschlicher Verhaltensweisen, die Aufmerksamkeit erregen und sie im Fall der Erholungssuchenden von Ruhe und Naturgenuss ablenken. Zusammen mit der Erwartungshaltung "Natur erleben" kann dies zu starker Belästigung führen.

Ein Gewöhnungseffekt ist auszuschließen."

(Bundesamt für Naturschutz "Projektgruppe Windenergienutzung", 2000).

Sehr geehrter Herr Benkert, Sie haben mir geschrieben: "Wir waren mal ganz nahe dran, durch das behutsame Heilen der Sünden der Vergangenheit usw.." Wir sind es noch immer! Doch mit diesem agressiven Ausbau dieser unseeligen wie sinnlosen großtechnischen Monster verwandeln wir im Handreich bisher noch intakte Lebensräume in natur- und menschenfeindliche Industriegebiete. Damit schaffen wir zu allen Vorhanden Problemen, nicht zuletzt auch zusätzlich zu den Problemen, die die Kernkraftnutzung mit sich gebracht hat, schwerwiegende, neue Sünden. Eine nähere Ausführung derselben kann ich uns wohl ersparen. Sie sind uns beiden hinreichend bekannt.

Zu unser aller Wohl bitte ich Sie persönlich wie auch im Namen der Bürgerintiative Rheinhessen-Pfalz "zwischen Rhein und Donnerberg" mittels der obigen Argumentationshilfen den Frevel an Landschaft und Natur zu stoppen.
In Erwartung Ihrer Stellungnahme verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen  
Trude Fuchs

PS: Sie sind herzlich zu einem Besuch ins "Huegelland" eingeladen.