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11.08. - 12.09.01

FAZ Kommentar, 12.9.2001 (Druckausgabe)
Flora-Fauna-Wind
Deutschland hat die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zu spät in sein Naturschutzgesetz aufgenommen und ist dafür zu Recht vom Europäischen Gerichtshof gerügt worden. Nach europäischem Recht hätten schon mehr Naturschutzgebiete ausgewiesen werden müssen, damit im Jahr 2004 ein europaweites ökologisches Netz mit dem Namen „Natura 2000" entstehen kann. Ob sich dieses Ziel mit Deutschland erreichen läßt, ist jedoch ungewiß, da das Land bis dahin mit einem dichten Netz von Windkraftanlagen überspannt sein wird. Der Ausbau dieser „alternativen" Energieform wird mit demselben ideologischen Eifer betrieben, den die Grünen Atomkraftbefürwortern vorwerfen. Der Anteil des Windstroms am Gesamtverbrauch ist marginal, obwohl er über die Maßen mit politischen Abnahmepreisen gefördert wird. Zudem verschandeln die Anlagen die Landschaft (und demnächst das Meer), sind nicht gerade geräuscharm und irritieren Einheimische wie Touristen. Nicht nur die rheinland-pfälzische CDU spricht von einer „großen Verunsicherung" der Bevölkerung. Auch unmittelbar betroffene Landräte der SPD sind darüber verunsichert, wie weit parteipolitische Vorgaben und die Lebenswirklichkeit auseinanderklaffen. (Mü)

FAZ, 12.9.2001 (Druckausgabe)
Nutzung der Windenergie koordinieren
CDU in Rheinland-Pfalz warnt vor „Wildwuchs" der Windkraftanlagen
MAINZ, 11. September. Die CDU-Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag hat sich gegen den unkoordinierten Ausbau von Windenergieanlagen ausgesprochen. Die Abgeordneten Jullien, Licht und Wirz forderten die von SPD und FDP gebildete Landesregierung auf, dem sich ausbreitenden „Wildwuchs" ein Ende zu bereiten. Die Anlagen sollten nur noch auf dafür in der Regionalplanung vorgesehenen Flächen genehmigt werden. Zugleich müsse der Mindestabstand zu Wohngebieten (derzeit 500 Meter) entsprechend der technischen Weiterentwicklung der Anlagen vergrößert werden. Die Bevorzugung von Windenergieanlagen im Baurecht solle aufgegeben werden. „Mit der Zerspargelung der Landschaft muß Schluß sein", forderten die Abgeordneten.
Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz 454 Windenergieanlagen. Sie produzieren 0,69 Prozent des im gesamten Land verbrauchten Stroms. Wirz sagte, „Windstrom" könne nicht mit ausreichender Kontinuität erzeugt werden und daher konventionelle Kraftwerke nicht dauerhaft ersetzen. Der Umstand, daß in Deutschland 57 Prozent der Fördermittel für regenerative Energien für die Windkraft ausgegeben würden, zeige die Vernachlässigung anderer Möglichkeiten der Energieerzeugung, die weniger Nachteile aufwiesen. Andere Erwerbszweige, wie etwa die Tourismus-Branche, müßten wegen der Windenergieanlagen Nachteile hinnehmen, sagte Jullien.
Angesichts der großen Zahl neuer Genehmigungsanträge - allein im ersten Halbjahr 2001 wurden 223 Anträge gestellt- zeigten sich die CDU-Politiker besorgt, die Zahl der Windräder in Rheinland-Pfalz könne binnen weniger Jahre auf mehrere tausend ansteigen. Die dadurch entstehenden Belastungen - Lärm, Schatten, herabfallende Eisstücke sowie die generelle Beeinträchtigung der Wohn- und Lebensqualität - führen nach dem Urteil von Licht zu „großer Verunsicherung" unter der Bevölkerung. Das Vorhaben, in der Nähe von Germersheim zehn je 120 Meter hohe Türme zu errichten, deren Rotoren eine Spannweite von mehr als siebzig Metern haben, hat auch die sozialdemokratische Landrätin Theresia Riedmaier auf den Plan gerufen. Auch sie hat vor den Störungen gewarnt, die solche Projekte in den wertvollen Natur- und Landschaftsräumen - beispielsweise dem Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald - nach sich ziehen könnten. (mtz)

Leserbriefe FAZ 12.9.01 (Druckausgabe)
Privilegierte Windkraft
Zum Artikel „Ein Kampf mit Windmühlenflügeln" von Stefan Dietrich (F.A.Z. vom 5. September): Wenn die Windkraft standorte Sintfeld, Wybelsum oder am östlichen Rand des Landkreises Celle das Prädikat „größter Windpark Europas" wenigstens kurzfristig für sich in Anspruch nehmen wollen, müssen sie sich beeilen, denn im windschwachen Süddeutschland grassiert der Windpark-Wahn. Vor wenigen Tagen hat der Regionalverband Nordschwarzwald, bestehend aus drei Landkreisen und einem Stadtkreis, voller Stolz sage und schreibe 3000 potentielle Windkraftstandorte ausgewiesen, mit dem Hinweis, man könne dieses Modell jederzeit noch erweitern. Alle Bürgermeister, die behaupten, ihnen seien per Gesetz die Hände gebunden, und alle Abgeordneten, die das Thema Windparks aus dem Wahlkampf heraushalten wollen, handeln, wenn nicht unaufrichtig, dann zumindest feige. Jeder Gemeinderat kann durch Änderung des Flächennutzungsplans die Zahl der Stellplätze auf ein Minimum reduzieren, jeder Abgeordnete ist seinen Wählern eine klare Stellungnahme schuldig.
Solange die Privilegierung der Windkraft nicht vom Tisch und soviel Geld im Spiel ist, wird es weiter „menschein", von Bürgermeisterbüros bis in die Landes- und Bundesministerien. Über 500 Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen werden die Windparks sehr wohl zu einem Wahlkampfthema machen, schließlich entscheiden nicht die Parteien, was wichtig ist und welches Problem dem Wähler auf den Nägeln brennt Nicht der Staat setzt die Windenergie mit Brachialgewalt durch, sondern er läßt die totgeglaubten und mit Ideologie gedopten Bluthunde des Frühkapitalismus von der Leine.
Ferdinand Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein, Schrozberg

Wenn die Kernkraftwerke abgeschaltet werden
Der vom Kabinett beschlossene Verzicht auf die Kernenergie (F.A.Z. vom 6. September) ist von außerordentlicher Tragweite für die Stromversorgung in Deutschland. Für die nächsten Jahre sind zwar die Grundlagen für einen politisch ungestörten Betrieb der Kernkraftwerke geschaffen worden. Doch was soll die Kernkraftwerke ersetzen, wenn der Zeitpunkt ihrer Abschaltung heranrückt? Bei über fünfzig Prozent liegt ihr Anteil an der Grundlastversorgung. Nach heutiger Erkenntnis kann dieser Grundlastbedarf in Deutschland auf absehbare Zeit weder durch regenerative Energien noch durch Kraft-Wärme-Kopplung ausgeglichen werden. Und was stets unerwähnt bleibt: Weil Sonne und Wind nicht ständig zur Verfügung stehen, bedarf es zusätzlich auch immer fossiler oder nuklearer Kraftwerke als Reserve. Offen ist auch, durch welche Alternativen der Beitrag der Kernenergie zur Kohlendioxyd-Vermeidung in Höhe von bis zu 160 Millionen Tonnen im Jahr ersetzt werden kann. Das Bundeskabinett beschließt den Verzicht auf Kernenergie, ohne gleichwertige Alternativen der Stromerzeugung aufzuzeigen.
Die internationale Entwicklung unterstreicht vielmehr die Erkenntnis, daß angesichts des wellweit ständig steigenden Energiebedarfs und der hauptsächlich durch die Nutzung fossiler Energieträger verursachten Treibhausgasemissionen die Kernenergienutzung auf absehbare Zeit unvermeidbar ist und künftig eine noch größere Rolle wird einnehmen müssen: Die EU-Kommissarin Loyola De Palacio vertritt die Ansicht, wer den Ausstieg aus der Kernenergie fördere, handle unverantwortlich und treibe ein gefährliches Spiel mit der Wirtschaft Europas und der globalen Umwelt. Der Welt-Energie-Rat sieht in der Kernenergie eine Schlüsselrolle in der weltweiten Energieszene. Zur Deckung des künftigen Energiebedarfs hält der Rat den Bau neuer Kernkraftwerke für unvermeidbar. Der Europarat sieht in der Kernkraft einen beträchtlichen Beitrag zur Diversifizierung der Ressourcen und zur Sicherstellung der Energieversorgung in Europa und empfiehlt, die vorhandenen Kernkraftwerke durch den fortgeschrittenen europäischen Druckwasserreaktor zu ersetzen, der Wettbewerbsfähigkeit mit dem höchsten Sicherheitsstandard vereint. Sowohl in Europa - zum Beispiel Finnland, Slowenien, Ungarn - als auch in Mittel- und Ostasien - China, Indien, Korea, Japan - und in den Vereinigten Staaten gibt es konkrete Kemenergie-Ausbaupläne. In den Vereinigten Staaten allein wird ein Kemkraftwerks-Zubau von 50 000 Megawatt in den nächsten zwanzig Jahren erwartet. Außerdem haben fünf amerikanische Kernkraftwerke in den Vereinigten Staaten die Verlängerung der Betriebsgenehmigung von 40 auf 60 Jahre erreicht. Zwei weitere Kernkraftwerke haben kürzlich um eine zwanzigjährige Verlängerung nachgesucht.
Die Bundesregierung ist auf dem Wege, einen weiteren Beweis für die Behauptung von Friedhelm Farthmann, dem ehemaligen Vorsitzenden der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, zu liefern, daß bei den großen politischen Streitfragen der letzten Jahre die SPD leider immer genau danebengelegen habe.
Dr. Klaus Tägder, Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf e. V, Bonn

FAZ Mittwoch, 05.09.01 (Druckausgabe)
Ein Kampf mit Windmühlenflügeln
Warum eine 250-Millionen-Mark-Investition für ein Dorf „kein Wahlkampfthema" ist

Von Stefan Dietrich
HOHNE, 4. September. Nur ein Jahr lang konnte sich der südbrandenburgische Ort Klettwitz rühmen, Standort des größten europäischen Windparks zu sein. Ende August war es damit vorbei. Bundesumweltminister Trittin eröffnete bei Paderborn den Windpark „Sintfeld", der noch größer ist und damit der neue „größte Windpark Europas", aber nur drei Wochen lang, denn für den 15. September ist die feierliche Einweihung des „größten Windparks Europas" in Wybelsum bei Emden angekündigt. Und weiter geht's in Siebenmeilenstiefeln. Die Entwicklung der Windkraft schreitet in Riesenschritten voran. Der „größte Windpark Europas", der im kommenden Jahr am östlichen Rand des Landkreises Celle aufgestellt werden soll, ist mit einer installierten Nennleistung von 180 Megawatt schon fast dreimal so groß geplant wie der von Klettwitz.
Zwei Investoren wollen auf dem Gebiet der Samtgemeinde Lachendorf 46 Masten errichten, darunter elf neuartige „Multiwind-Anlagen", die aussehen wie die Gittermasten von Überlandleitungen und mit jeweils drei Rotoren bestückt sind. Alle Räte der umliegenden Gemeinden haben die Errichtung des Windparks in einer weitläufigen Feldgemarkung, die von Alters her „der Schmarloh" heißt, einstimmig gebilligt. Nur im Samtgemeinderat gab es eine Gegenstimme von der FDP. Das Raumordnungsverfahren wurde im Juli 2000 eröffnet. Bei der Antragskonferenz mit den Trägern öffentlicher Belange wurde allerdings schon deutlich, daß die Zustimmung zu dem Projekt keineswegs so einmütig ist wie es die Ratsbeschlüsse waren. Eine Bürgerinitiative - der Verein „Schmarloh ohne Windindustrie", der in der Samtgemeinde mehr Mitglieder hat als alle in den Räten vertretenen Parteien zusammen - bestürmte die Investoren mit Fragen und Einwendungen.
Die Einwender haben immerhin erreicht, daß die Kreisverwaltung, bei der das Raumordnungsverfahren geführt wird, die Antragsteller mit einem Katalog von 36 Fragen konfrontierte. Neben den Auswirkungen der bis zu 176 Meter hohen Anlagen auf die Tierwelt, das Kleinklima und auf die Entwicklungsmöglichkeiten der umliegenden Gemeinden soll in den Antragsunterlagen auch beschrieben und bewertet werden, wie sich ein Groß-Windpark „auf das Sozialgefüge eines traditionell abseitigen, gering bevölkerten und von historisch gewachsenen Strukturen geprägten Raumes" auswirkt.
Diese Frage berührt einen Punkt, der in der Auseinandersetzung über die Windenergie oft unbeachtet bleibt. Dabei liegt gerade hier der Grund, warum sie oft so leidenschaftlich geführt wird. Die Wind-Energie spaltet ländliche Gemeinden, in Gewinner und Verlierer. Sie bringt einigen wenigen Bewohnern, meist den Landwirten, beträchtliche Einnahmen, und wird von den übrigen mit dem Verlust an Lebensqualität, an unverbauter Natur, mit gesundheitlichen Schäden und oft auch mit materiellen Einbußen bezahlt, denn für sinkende Immobilienpreise gibt es keinen Ausgleich.
Jörn Künzle, ein 38 Jahre alter Vertriebsingenieur aus Hohne, hat diese Erfahrung schon im vergangenen Jahr gemacht. Als er mit dem Gedanken spielte, eine Stelle in Berlin anzunehmen, stellte sich heraus, daß sein noch nicht ganz abbezahltes Haus wegen der Windpark-Planung unverkäuflich geworden war. Das hat bei ihm den letzten Anstoß gegeben, sich im Verein der Windkraftgegner zu engagieren. „Wir hatten hier eine hervorragende Dorfgemeinschaft", sagt Künzle, der in Hohne aufgewachsen ist. Aber seit einiger Zeit sei es damit vorbei. „Die Anlagen stehen noch nicht - und schon ist das Dorfgespalten." Die Spannungen gingen quer durch die Vereine, zerstörten alte Freundschaften und reichten bis in die Familien hinein. Ein kurzes, nicht sehr freundliches Gespräch mit dem Ortsbürgermeister bestätigt das. Erhard Thölke, der das traditionell SPD-dominierte Hohne ehrenamtlich repräsentiert, möchte über die Windkraft überhaupt „nicht mit der Presse" sprechen. Er habe schon genug Ärger damit gehabt, sogar in der eigenen Familie, sagt Thölke am Telefon. Und ein Wahlkampfthema sei das sowieso nicht. Es gehe um ein reines Verwaltungsverfahren.
Am CDU-Stand vor dem Edeka-Laden, wo sich eine Woche vor der Kommunalwahl die Ratskandidaten dem Hohner Wahlvolk zeigen, herrscht gleichfalls die Überzeugung vor, daß die Gemeinde keinerlei Einfluß mehr auf das Verfahren habe. Mit einem bösen Seitenblick auf den Nachbarstand, unter dessen blau-gelbem Schirm die Windkraftgegner Wahlkampf für die FDP machen, sagt Oliver Holtz, niemand könne behaupten, die Bürger seien nicht ausführlich über das Windpark-Projekt informiert worden. Doch auf die Frage, wie viele Windräder denn errichtet werden sollen, müssen gleich mehrere CDU-Kandidaten passen. Das Thema spiele eben im Wahlkampf keine Rolle, heißt es entschuldigend. Nachdenklich zeigt sich der Landwirt Heiner Bramme, der einst den Ratsbeschluß mitgetragen hat. Hätten sich Künzle und seine Mitstreiter, die jetzt Gegenwind mit Hilfe der FDP entfachen, früher überreden lassen, bei der CDU mitzumachen, meint Bramme, dann wäre die Diskussion im Gemeinderat vielleicht anders verlaufen. „Aber die wollten ja nicht."
Fast fünfzig Jahre lang ist auf den Feldern bei Hohne Erdöl gefördert worden, was für die Bauern einen hübschen Nebenverdienst und für die Gemeinde zeitweilig 150 Arbeitsplätze abgeworfen hat - nicht zu vergessen das Waldschwimmbad, die Tennisplätze und andere Sportanlagen, die der Anwesenheit eines Energiekonzerns zu verdanken waren. Ende des Jahres, wenn die letzten siebzig Beschäftigten am Ort abgewickelt sind, werden nur noch ein paar Museumsstücke vor dem Gemeindehaus an Hohnes Erdöl-Vergangenheit erinnern. Da kamen die Windkraft-Investoren einigen gerade recht. „Hohne ist verwöhnt", sagt Bramme. Doch der Riß, der durch die Gemeinde geht, scheint auch ihn gespalten zu haben, denn inzwischen ist er sich nicht mehr so sicher, ob die neue Geldquelle, die sich Hohne mit dem Windpark erschließt, Hohne zum Segen gereichen wird.
Tatsächlich waren mit der Entscheidung für dieses Projekt alle Lokalpolitiker überfordert. Eine Industrieansiedlung wie den Windpark wird es in dieser Gegend - wenigstens 45 Minuten vom nächsten, Autobahnanschluß entfernt - in Jahrzehnten nicht noch einmal geben. Und vor einer Investitionssumme von 250 Millionen Mark geht jeder Gemeinderat in die Knie, zumal der Gesetzgeber ihm kaum eine andere Wahl läßt. Nach dem Bundesbaugesetz müssen alle Gemeinden Vorrangstandorte für die ökologisch erwünschte Windenergie ausweisen. Kommt es zu Kontroversen, können sich die Kommunalpolitiker hinter dieser Vorschrift verstecken. Wenden sich die Bürgerinitiativen dann aber an Landes- oder Bundespolitiker, erhalten sie regelmäßig die Antwort, für die konkrete Anwendung des Gesetzes sei allein die Kommunalpolitik zuständig.
In Niedersachsen steht mehr als ein Viertel der insgesamt 10 000 Rotoren, die der „Windenergie-Weltmeister" Deutschland zugelassen hat. Und allenthalben ist zu spüren, daß die Windkraft-Lobby den Bogen überspannt hat. Die Zahl der Bürgerinitiativen, die sich dagegen wehren, geht in die Hunderte. Und der Umgang der Parteien mit ihnen ist überall der gleiche: SPD, CDU, Grüne und FDP (deren Ortsverband Lachendorf ist nur die Ausnahme von der Regel) haben sich allesamt der Windenergie verschrieben und ihr durch Subventionsgesetze den Weg geebnet. Wie in Hohne, so haben sich die etablierten Parteien auch im ostfriesischen Wybelsum, in Gehrden bei Hannover, in Linderten bei Ronnenberg, in Kranenburg bei Städe, in Oederquart im Kedinger Land verschworen, die Windkraft aus dem Wahlkampf für die Kommunalwahl herauszuhalten - vor allem dort, wo sie das einzige Thema ist, das die Leute im Ort umtreibt.
Es macht schon einen Unterschied, ob man in einer Kulturlandschaft oder in einem Industriegebiet wohnt; ob eine Dorfgemeinschaft sich entwickelt oder mit Geld zerstört wird; ob der Wähler gefragt oder übergangen wird. Über den Nutzen der Windenergie mag man streiten – über die Brachialgewalt, mit der sie staatlicherseits durchgesetzt wird, nicht. Die ist vordemokratisch.

Allgemeine Zeitung, 05.09.01
„Die Grenze ist erreicht“
Trotz des Ärgers über Windräder wird in einigen Gemeinden weiter gebaut
Von unserem Redaktionsmitglied Angelika Dorweiler
MAINZ/WIESBADEN – In der Region liegt der Kreis Alzey-Worms an der Spitze: 43 Windkraftanlagen sind dort in Betrieb, drei weitere werden gebaut. Nun hat der Kreistag die Bremse gezogen und dafür gestimmt, dass im Regionalen Raumordnungsplan die Vorrangflächen für Windkraftanlagen auf die vorhandene Bebauung reduziert werden sollen. „Das ist eine politische Willensbekundung“, stellte Bauamtsleiter Dr. Herbert Schmitt klar. Die Bebauungspläne werden von den Verbandsgemeinden erstellt. Doch auch dort sieht er im Bereich des Landkreises einen Trend gegen Windräder. Zu sechs Anlagen, die schon abgelehnt wurden, laufe ein Rechtsstreit. Bei zwölf Anlagen werde die Machbarkeit geprüft. „Aber dann“, betonte Schmitt, „ist das Ende der Fahnenstange erreicht.“
Möglichkeiten gibt es dagegen noch im Kreis Bad Kreuznach. Dort wurden 15 Windräder gebaut. „Bei allen gab es ein raumordnerisches Verfahren, wo beispielsweise auch Belange der Landschaftspflege berücksichtigt wurden“, erklärte Rüdiger Schmit, Gruppenleiter im Bauamt. Elf Windräder lägen noch „auf Halde“, weil die Prüfung der so genannten Vorbehaltsflächen, die Gemeinden für Windräder vorsehen können, noch nicht abgeschlossen sei. Bei weiteren Anfragen werde geprüft, ob eine Windkraftanlage zulässig sei.
Im Kreis Mainz-Bingen stehen drei Windräder, für elf weitere gibt es Bauanfragen oder -anträge. „Der Landkreis hat sich noch nicht generell für oder gegen Windkraftanlagen ausgesprochen“, erklärte Thomas Zöller von der Pressestelle. Auch der Rheingau-Taunus-Kreis entscheide von Fall zu fall, erklärte Sprecher Andreas Monz. Neun Windräder stehen dort bei Heidenrod, sieben sind an der Grenze zwischen Hohenstein und Aarbergen geplant. Nur im Main-Taunus-Kreis gibt es keine Bestrebungen, Windkraftanlagen einzurichten. Dort ist der Bestand null.
In einer umfangreichen Anfrage hat sich die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsfraktion über die Situation der Windkraft informiert. „Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht“, zog der CDU-Abgeordnete Hansjürgen Doss jetzt Bilanz. Er erhofft sich neue Erkenntnisse von einer im Landtag bevorstehenden Beratung.

Allgemeine Zeitung, 30.08.2001
Das Maß ist voll!
Thomas Dix zu Windkraftanlagen
Zuerst standen nur zwei auf dem Kloppberg, dann kamen drei weitere bei Spiesheim hinzu. Als vor einigen Jahren die ersten Windräder in Rheinhessen aufgestellt wurden, konnte man ihnen wenigstens noch einen gewissen ästhetischen Reiz abgewinnen – auch wenn dies Anwohner schon damals anders sahen. Mittlerweile wird der Blick ins Hügelland von unzähligen Windrädern getrübt – die Kreisstadt Alzey wird von den Rotoren inzwischen regelrecht belagert. Keine Frage: Das Maß ist voll.
Das Ziel deutlich verfehlt
In der Bevölkerung brodelt es schon länger, jetzt rudert auch die Politik zurück – und folgt damit sogar dem Regierungsprogramm von Rot-Grün im Land, wonach bei der Aufstellung weiterer Anlagen „regionale Widerstände berücksichtigt“ werden sollen. Ein zweites Ziel, im Regierungsprogramm formuliert, hat der Landkreis dagegen deutlich verfehlt: Eine Beeinträchtigung der Landschaft soll nämlich vermieden werden. Zu spät, Herr Beck! Die rund 50 Windräder, die im Kreis bereits stehen oder demnächst stehen werden, verschandeln sehr wohl das Landschaftsbild – und verschwinden durch neue Beschlüsse der Politik nicht mehr von der Bildfläche.
Erst wenn eines Tages der Strom aus Windkraft nicht mehr durch Subventionen wettbewerbsfähig gemacht wird, dann werden die Rotorwälder wohl wieder aus dem Land der tausend Hügel verschwinden

Allgemeine Zeitung, 30.08.2001
„Müssen einen Strich ziehen“ / Kreistag gegen neue Windräder
Im Landkreis sollen keine weiteren Windräder aufgestellt werden. Das ist die Konsequenz aus einem Beschluss des Kreistages, wonach im Regionalen Raumordnungsplan die Vorrangflächen für Windkraft auf die vorhandene Bebauung reduziert werden soll. Derzeit im Bau befindliche oder bereits geplante Anlagen bleiben davon allerdings unberührt.
Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Dix
Dabei ging der Kreistag bei zwei Gegenstimmen der Grünen-Fraktion noch über die Beschlussvorlage der Verwaltung hinaus, die lediglich eine Verkleinerung der Vorbehaltsflächen für die Windenergie vorsah. Begründet wurde dies mit einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, die nicht weiter vertretbar sei. Zudem seien die Unverträglichkeiten mit einem Lebensraum seltener Vögel „noch nicht abschließend geklärt“.
SPD-Fraktionschef Ernst-Walter Görisch sprach sich dann aber dafür aus, auch die Vorrangflächen zu reduzieren: „Wir sind an einer Grenze angelangt.“ Die Landschaft sei in einem solchen Umfang strapaziert, dass keine neuen Anlagen aufgestellt werden sollten.
Unterstützung erhielt er von der CDU: Deren Sprecher Heinz-Hermann Schnabel forderte ebenfalls, mit der Aufstellung neuer Windräder restriktiv zu verfahren. Die Bevölkerung lasse sich die Entwicklung nicht mehr länger gefallen: Die Anlagen böten eine Silhouette, „die überall hingehört, nur nicht nach Rheinhessen“. Bei der Anzahl der aufgestellten Windräder stehe der Landkreis an vierter Stelle im ganzen Land. Schnabel: „Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir einen Strich ziehen müssen.“ „Die Windräder tun unserer schönen Landschaft nicht gut“, pflichtete Ludwig Mittnacht (FWG) bei. Insgesamt 42 Anlagen seien in Betrieb, weitere seien geplant – und das konzentriert in einem Umkreis von rund zehn Kilometern. Dies wirke zudem eindeutig den Tourismus-Zielen des Landkreises entgegen.
Das sah Heribert Erbes (FDP) genauso: Wegen dramatisch rückläufiger Fremdenverkehrszahlen würden die Windräder an der Nordsee bereits wieder demontiert. Mittlerweile gebe es andere regenerative Energien wie die Wasserstoffgewinnung oder die Wasserkraft, bei denen es nicht nötig sei, „solche Ungetüme in die Landschaft zu stellen, die dann nach 20 Jahren wieder abgerissen werden“. Die Windräder passten einfach nicht in diese Region, betonte der Liberale.
Klaus Becker (Grüne) plädierte jedoch dafür, die Vorbehaltsflächen nicht zu beschneiden. Vielmehr müsse man in jedem Einzelfall prüfen, ob der Aufstellung von Windrädern die Belange von Natur- und Landschaftsschutz entgegen stehen. „Ästhetische Aspekte sind hier fehl am Platze“, sagte er und wies darauf hin, dass in Rheinhessen kein Einbruch des Fremdenverkehrsgewerbes erkennbar sei. Und eine Konzentration von Windrädern sei vielleicht sogar besser als eine flächendeckende Streuung.


RHEINPFALZ, 24.08.01
Erfolgreicher Kampf gegen Lauterer Windmühlen
Bürgerin wehrt sich gegen fremde Kosten in Müllgebühr und Stadt lenkt ein
Die Lauterer Bürgerin Sabine Linn hat gegen Windmühlen gekämpft - und gewonnen. Genau genommen wehrte sich die Rechtsanwältin dagegen, dass sie mit ihren Müllgebühren auch die Kosten jener drei Windräder mitzahlen solle, die sich seit knapp zwei Jahren auf dem Deponiegelände im Kapiteltal drehen, aber keinen Gewinn bringen, sondern Verluste einfahren.
Knapp 100 Mark hätte das Ehepaar Linn an Müllgebühren berappen sollen. Doch als der Gebührenbescheid Ende Dezember 1999 ins Haus flatterte, stellte sich die Anwältin quer: Sie erhob Widerspruch mit der Begründung, dass in der Müllgebühr Kosten enthalten seien, die nicht bei der Abfallbeseitigung entstanden waren. Denn "Windkraftwerke dienen ausschließlich der Energieerzeugung", argumentierte Sabine Linn.
Vor dem Stadtrechtsausschuss hatte die Frau keinen Erfolg, ihr Widerspruch wurde Anfang dieses Jahres zurückgewiesen. Recht hatte die Anwältin allerdings mit ihrer Vermutung, dass der mit seinem kleinen Windkraftwerk noch nicht in der Gewinnzone ist, also der Zweckverband Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) drauf legt. In der Bilanz des Windenergiebetriebs taucht in einem Schreiben des Rechtsamts denn auch ein Verlust von jährlich 250.000 Mark auf, der auch steuerlich geltend gemacht werde. Nach zehn Jahren aber sollen sich die Windräder Gewinn bringend drehen und die Deponie mit kostenlosem Strom versorgen.
Den Vorwurf der Bürgerin, dass sie mit ihrer Müllgebühr die Windräder mitbezahle, wies der Rechtsausschuss zurück. Die Vertreter der Stadt urteilten, dass das Minikraftwerk des ZAK ein Beitrag sei, um natürliche Ressourcen zu schonen und nicht über die Müllgebühren der Bürger finanziert werde. Denn der ZAK habe einen eigenen Betrieb "Windkraft" gegründet, um zwischen Müll und Energie auch buchhalterisch sauber trennen zu können. Tatsächlich arbeiteten der Zweckverband und der Windbetrieb mit getrennten Kassen und Abrechnungen, stellte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Christina Mayer, fest.
Die Stadt rückte zunächst auch nicht von ihrer Meinung ab, als die Anwältin im März vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt Klage einreichte. Der Aktenberg wuchs wieder ein Stück an, denn in umfangreichen Schriftsätzen stellten die beiden Kontrahenten ihre Standpunkte dar. Doch bevor es schließlich am 13. August zu einer mündlichen Verhandlung kam, machte die Stadt einen Rückzieher. Der Verhandlungstermin wurde aufgehoben, vor allem aber der Müllgebührenbescheid, den Sabine Linn angefochten hatte, für nichtig erklärt. Die Gebühr wurde zurückgezahlt, auch muss die Stadt die Kosten des Verfahrens tragen.
Den plötzlichen Rückzug der Stadt im Windmühlenstreit begründete Bürgermeister Arne Oeckinghaus mit der Schwierigkeit, rechtzeitig vor Verhandlungsbeginn eine Kalkulation zu finden, die die Trennung von Windkraft und Müllentsorgung beweise und gleichzeitig den Anforderungen des Gerichts genüge. Im Rathaus brütet man derzeit denn auch über neuen Müllgebührenbescheiden, die künftig einer gerichtlichen Überprüfung standhalten müssen. Den Erfolg der Bürgerin bezeichnete Oeckinghaus als Etappensieg, denn auch sie bekomme einen geänderten Bescheid und müsse dann auch zahlen.
Von unserem Redakteur: Horst W. Müller, RON - RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 24. Aug , 03:45 Uhr

RHEINPFALZ, 24.08.01
ABB will Windkraft per Leasing beflügeln
Mannheimer Technologie-Unternehmen stellt 200 Millionen Euro für kleinere Anlagen bereit
MANNHEIM. Der Technologiekonzern ABB bietet ab sofort ein Leasingmodell für Windkraftanlagen an. - Öffentliche Fördertöpfe regen die Phantasie kreativer Köpfe an.
Die Fragestellung ist dabei immer die gleiche: Wie und durch welches meiner Produkte kann ich die Subventionierung nutzen, um den den Ertrag meines Unternehmens zu steigern? Auch die Förderung regenerativer Energien, die im März 2000 beschlossen wurde, bietet Möglichkeiten. So schießen Windkraftanlagen überall dort in Deutschland wie Pilze
aus dem Boden, wo Stromerzeuger über das notwendige Gelände verfügen und eine kräftige Brise weht.
Für den Strom gibt es neben einer Abnahmegarantie 17,8 Pfennig Zuschuss je Kilowattstunde.
Das Potenzial an guten Standorten sei bei weitem nicht ausgeschöpft, meint ABB, als Entwickler und technischer Generalunternehmer von Windkraftprojekten in Deutschland, Griechenland und Marokko tätig. Das Unternehmen denkt an Grundstücke in Privatbesitz. Für den Landwirt etwa, der an der Küste über ein großes, ungenutztes Grundstück, aber kein Eigenkapital verfügt, bietet das Unternehmen ein Leasingmodell für Windkraftanlagen an. 200 Millionen Euro hat die Finanzierungs-Tochtergesellschaft, die ABB Structured Finance GmbH, Frankfurt, dafür im Topf. Damit ließen sich 45 Rotoren mit jeweils 2 Megawatt Leistung realisieren. Zum Vergleich: Eine Kleinstadt benötigt zwischen 18 und 20 Megawatt. Das laut ABB derzeit konkurrenzlose Modell "ABB Windenergy Lease" soll vorwiegend kleinere Anlagen verwirklichen helfen.
Das finanzielle Risiko trägt ABB. Die Leasing-Laufzeit beträgt 15 Jahre, mit einer Option auf Verlängerung. Die Raten sind, entsprechend der jahreszeitbedingten Leistungsschwankungen, im Winter höher als im Sommer. Der erzeugte Strom wird ins Netz des jeweiligen regionalen Energieversorgers eingespeist, der Anschluss ist in der Projektsumme eingerechnet. Entgelt sowie die Subventionen ffließen an den Leasingnehmer. In einer Modellrechnung für eine Anlage mit 9 mal 2 Megawatt, die rund 42 Millionen DM koste, setzt ABB den Ertrag für diesen mit 15 Millionen DM an, gerechnet auf zwanzig Jahre.
Eine Windkraftanlage ist allerdings nicht von heute auf morgen zu realisieren. Nur wenige Standorte sind für rentablen Betrieb geeignet. Ein Windgutachten, das über ein Jahr die Luftbewegung an einem Standort misst, wird nur dann erstellt, wenn die Örtlichkeit Erfolg versprechend ist.
Von unserer Redakteurin: Judith Schäfer, RON - RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 24. Aug , 03:45 Uhr

Rhein-Zeitung, 23.08.01 (gedruckte Ausgabe)
"Was einst als "grüne Spinnerei" galt, ist im Mainzer Landtag inzwischen über die Lagergrenzen hinweg mehrheitsfähig: Für eine stärkere Förderung erneuerbarer Energien zeichnete sich gestern Lager-übergreifend Diskussionsbereitschaft ab.
'Der Landtag will die Nutzung regenerativer Energien', betonte Rudolf Franzmann (SPD). Beispielsweise müssten für Windkraftanlagen neue Standorte augewiesen und bestehende erweitert werden. Den Anstoß hatten die Grünen mit ihrer Forderung nach einem "Zukunftsprogramm 2010" gegeben, um das Klimaziel von Kyoto auf Landesebene umzusetzen. Die Koalitionsfraktionen antworteten mit einem Alternativantrag "Zukunft mit erneuerbaren Energien". Weit liegen beide nicht auseinander. Gemeinsame Diskussionsgrundlage, auf die sich auch die CDU einlassen will, ist das Wirtschaftspotenzial von Wind und Sonne, Wasser, Biomasse und Erdwärme. "Wir können Investitionen von jährlich mehreren 100 Millionen Mark und neue Arbeitsplätze ins Land holen", sagte Grünen-Umweltexperte Bernhard Braun. Rheinland-Pfalz verfüge über wind- und sonnenreiche Standorte, die ländliche Struktur biete beste Chancen für Energie aus Biomass. Für die CDU signalisierte Alexander Licht die Bereitschaft, das Potenzial alterna- tiver Energien zu prüfen. Bei der Windkraft warnte er aber vor unkontrolliertem "Wildwuchs". Die Beratung wird im zuständigen Landtagsausschuss fortgesetzt.(ren)

DIE RHEINPFALZ
Flexible Marschroute in der Tourismuswerbung
Koalitionspartner wollen Rheinland-Pfalz zum „Urlaubsziel ersten Ranges“ machen
Rheinland-Pfalz hat seinen Gästen jede Menge zu bieten: Landschaften von romantischen Flusstälern bis zu burgengekrönten Bergen, Wald und Wein, geschichtsträchtige Stätten und kulturelle Schätze. Die Besucher können sich auf vielfältige Art im Aktivurlaub austoben, in Kurorten neue Fitness tanken oder einfach Erholung pur genießen. Klar, dass Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage die Attraktivität des Urlaubslandes gerne anpreist. Und immer wieder betont, welch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Tourismusbranche, Heilbäderwesen und Gastronomie doch sind.
Die Koalitionspartner verfolgen denn auch das Ziel, "Rheinland-Pfalz zum Urlaubsziel ersten Ranges, insbesondere für Kurzurlauber, am Markt zu positionieren". Dazu, so heißt es in ihren Vereinbarungen, soll das Image des Landes gerade auch in den Nachbarstaaten weiter geschärft werden. Eine genaue Marschroute wird nicht beschrieben. Auf Sicht von fünf Jahren will man sich den Weg in einem so dynamischen Bereich wohl nicht zu sehr einengen. Weil Rheinland-Pfalz im Wettbewerb mit anderen Regionen steht, soll das Tourismuskonzept ständig den neuen Entwicklungen angepasst und weiterentwickelt werden.
"Es ist noch zu früh, um konkrete Aussagen zu neuen Projekten machen zu können", hieß es im Fachreferat des Wirtschaftsministeriums zur Frage, warum die einzelnen Punkte im Koalitionspapier größtenteils sehr allgemein formuliert sind. Beispielsweise, wenn vom weiteren Ausbau "touristischer Kernkompetenzen" als Schwerpunkte oder der "besonderen Bedeutung des Gesundheitstourismus" die Rede ist. Zu den wenigen etwas näher erklärten Vorhaben zählt das Bemühen, Rheinland-Pfalz als Urlaubsland auch für Behinderte attraktiver zu machen: Dazu soll eine Region so entwickelt werden, dass sie sich für diesen Personenkreis "in besonderer Weise" eignet.
Was sich nach einem neuen Anstoß durch die Regierung anhört, ist allerdings bereits ins Rollen gebracht worden - auf Betreiben von Adolf Meinung, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH (RPT) sowie des (gerade umbenannten) Tourismus- und Heilbäderverbandes. Der beschäftigt sich schon lange damit, wie sich die Situation eingeschränkt mobiler Menschen verbessern lässt. "In Deutschland gibt es immerhin rund 500.000 Rollstuhlfahrer - unfall-, krankheits- oder altersbedingt", sieht er ein starkes Bedürfnis für entsprechende Angebote. Den Boden dafür zu bereiten, versucht man derzeit bei zwei Pilotprojekten, die voriges Jahr zusammen mit dem Behindertenverband "Initiative selbstbestimmtes Leben" und unterstützt vom Land in der Region Mosel und im Kreis Ahrweiler gestartet wurden. Ein junger Rollstuhlfahrer ist dort auf Tour, um Hotelbetriebe für barrierefreie Einrichtungen zu sensibilisieren. "Das Interesse ist da", freut sich Meinung über die bisherige Resonanz.
Auch der Landesregierung ist es wichtig, dass solche spezifischen Angebote möglichst bald online zu buchen sind - über das landesweite Informations- und Reservierungssystem, das nach mühseligen Vorbereitungen nun endlich überall in Gang kommt. Ein begrüßenswertes Anliegen der Koalitionspartner ist es ebenso, kulturelle Programme künftig stärker in die Touristikangebote einzubeziehen.
Bedeckt halten sich die Regierungsparteien, was die finanzielle Förderung anbelangt. In den vergangenen Jahren sind nach Angaben von Jörg Wagner, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, inklusive EU-Zuschüssen jährlich zwischen 22 und 25 Millionen Mark in den Touristikbereich geflossen. Nicht bezifferbar sei, was diesem durch Gelder an Kommunen und Kreise zugute komme.
Die Tourismusorganisationen könnten für ihre vielfältigen Aufgaben freilich immer noch mehr Geld brauchen. Verbandschef Meinung, der sich generell sehr zufrieden über die Kooperation mit dem Ministerium zeigt, hebt dazu hervor, welche Früchte die Investitionen tragen. Pro Jahr, so rechnet er vor, beschere der Gästezustrom der Tourismusbranche in Rheinland-Pfalz 7,5 Milliarden Mark Umsatz. Davon seien 1,2 Milliarden Mehrwertsteuer, wovon das Land ein Drittel bekomme. Nach Meinungs Ansicht sollte es deshalb "ruhig was drauflegen" - auch im eigenen Interesse. Auf die insgesamt rund 270.ooo Beschäftigten verweisend, betont er: "Keine andere Branche in Rheinland-Pfalz schafft mehr Arbeitsplätze als der Dienstleistungssektor Tourismus - und dies vor allem im ländlichen Raum."
Von unserer Redakteurin Martina Röbel, RON - RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 22. Jun , 00:00 Uhr

Berliner Morgenpost, 16.08.02
Der Baum im Vorgarten als Energielieferant der Zukunft
Sternberg - Wenn es nach Thomas Gerhardt, Erfinder aus dem mecklenburgischen Sternberg geht, kommt der Strom der Zukunft aus Bäumen. Gemeint ist damit nicht etwa das Verheizen der grünen Zeitgenossen - sondern ein kleines "Kraftwerk" im Baumformat, der Powertree.
Dieses nutzt gleich zwei regenerative Energiequellen auf einmal: Die Blätter des Powertrees sammeln Sonnenenergie, während in Ästen und Zweigen gleichzeitig Windenergie umgesetzt wird.
Der "Laubbaum" mit den 5000 Solarzellen und einer Höhe von zehn Metern dürfte ein außergewöhnlicher Vorgartenschmuck sein. Seine silbrig-glänzenden Blätter sollen in unseren Breiten 3500 Kilowattstunden pro Jahr erzeugen. Zusätzliche 2700 Kilowattstunden gewinnt der Baum mit Hilfe so genannter Piezo-Wandler in den Stielen der Solar-Blätter, den Zweigen und Ästen. Diese nutzen den durch den Wind ausgeübten Druck auf Blätter und Baum und setzen ihn in elektrische Energie um. tam

Öffentlicher Anzeiger, 15.08.01 (Rheinzeitung, gedruckte Ausgabe)
Noch drei Anlagen - Verschönerer wanderten zu den Windrädern
CALLBACH/UNKENBACH. Noch in diesem Jahr wird der Windpark Lettweilerhöhe um drei weitere Windkraftanlagen ergänzt, so dass der komplette Park dann aus insgesamt elf Windkraftanlagen. besteht. Demnächst wird dort ein Panorama-Höhenweg mit sieben Info-Tafeln angelegt.
Das und mehr erfuhren die Teilnehmer einer Wanderung zu den Windrädern, die der Verschönerungsverein Callbach organisiert hatte. Zwar waren nur knapp 20 Personen aus Callbach, Lettweiler und auch Lauterecken gekommen, doch die zeigten sich sehr interessiert. Wie dicht können Windkraftanlagen nebeneinander stehen? Kann der Strom gespeichert werden? Wie tief ist das Fundament? Wie lange schätzt man die Lebensdauer, und wer ist danach für die Entsorgung der Anlagen zuständig? Wieviel wiegt denn so ein Rotorblatt?
Martin Frey von der Betreiberfirma JuWi gab bereitwillig Auskunft und hielt auch einiges an schriftlichem Informationsmaterial bereit. Die Betreiber rechneten mit einer Lebensdauer von etwa 25 bis 30 Jahren. Dann müsste der Kopf erneuert werden. Sollte die Anlage irgendwann komplett entfernt werden müssen, sei die Betreiberfirma dafür verantwortlich. Dafür würden schon jetzt Rücklagen gebildet, erklärte Martin Frey. (kx)

Die RHEINPFALZ, 11.08.01 (gedruckte Ausgabe)
Landschaft als Kapital
Landrat will Anlagen im Nordosten konzentrieren
Landrat Dr. Winfried Hirschberger will der Windenergienutzung "nicht generell ihre Existenzberechtigung absprechen". Sie führe zumindest vor Augen, dass der Verbrauch von Energie einen Preis habe. Somit könne diese Art der Energieproduktion als Mahnmal angesehen werden.
Hirschberger sieht in der Mittelgebirgslandschaft der Westpfalz das "wichtigste Kapital" der Region. Der Bau von Windkrafträdern ändere diesen Charakter jedoch nachhaltig. Um diese Auswirkungen zu vermeiden - der Landrat glaubt auch nicht an ein sinnvolles Zusammenspiel zwischen sauberer Windenergie und Fremdenverkehr - und damit der Tourismus keinen Einbruch erlebt, will Hirschberger den Bau von Windkrafträdern im "nordöstlichen Teil des Landkreises konzentrieren". Der Anblick moderner Industriewindanlagen dürfe nicht mit der Vorerstellung einer romantischen Windmühle verwechselt werden.
Den Aspekt von Gewerbesteuerzahlungen an Gemeinden, die auf ihrem Gebiet den Bau von Windrädern zulassen sieht Hirschberger zwar positiv schränkt jedoch ein, dass noch nicht bekannt sei, wieviel Geld tatsächlich fließe.
Der Landrat plädiert dafür, mehr heimisches Holz zu nutzen. Dies sei ein umweltneutraler Rohstoff, der ausreichend vorhanden sei.

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