Intensive Debatte mündet in Vorrangfläche für Windkraft
HESSHEIM: Standort nördlich von Heuchelheim wird aber verkleinert

Bei einer Gegenstimme hat sich der Verbandsgemeinderat Heßheim in seiner Sitzung am Mittwochabend für eine 29 Hektar große Vorrangfläche für Windräder, die nördlich von Heuchelheim und westlich der Autobahn 61 liegt, ausgesprochen.
Der Entscheidung war eine rund eineinhalbstündige sehr intensive Debatte über Windräder und die eingegangenen Anregungen aus der Bürgerbeteiligung sowie der Träger öffentlicher Belange. Im Zuge der Diskussion wurde vor allem eines deutlich: Auf dem Windkraft-Markt herrscht sehr viel Bewegung. Dadurch herrscht in den Kommunen eine recht große Verunsicherung, wie sie sich verhalten sollen, um den Bau der Windräder zu steuern.
Bereits im März hatte sich der Verbandsgemeinderat mit dem Thema befasst. Damals einigte man sich auf zwei Vorrangflächen für Windkraftanlagen - eine im Bereich der Mülldeponie westlich von Heßheim und eine nördlich von Heuchelheim sowie westlich der A61. Ulrich Villinger vom Planungsbüro sagte im März, dass der Verbandsgemeinderat nur "Restriktionen" bestimmen kann, denn ohne eine Ausweisung von Vorrangflächen könnten Windräder prinzipiell überall gebaut werden. Die beiden Flächen waren im März als Vorrangflächen übrig geblieben, weil sie keine geschützten Gebiete sind und weit genug von den Wohnbereichen weg liegen.
Für die Fläche im Bereich der Mülldeponie hatte der Ortsgemeinderat Heßheim einen Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet verabschiedet. Daher wird dort "die Zulässigkeit von Windkraftanlagen nicht mehr gegeben sein", so Villinger. Daher sprach sich auch der Verbandsgemeinderat dafür aus, diese Fläche nicht mehr für Windräder auszuweisen. Auf Wunsch der Ortsgemeinde Heuchelheim wird die verbliebene Fläche westlich der A61 und nördlich des Ortes auf 29 Hektar verkleinert. Die Vorrangfläche umfasst die Hinterste Gewanne und Langgewanne. Eigentlich hatte die Ortsgemeinde eine Begrenzung der Vorrangfläche auf der Hintersten Gewanne gewünscht. Dem folgte der Rat nach Erläuterungen Villingers deswegen nicht, da für die Langgewanne schon Baurecht für Windenergieanlagen bestehe. Es gebe "sachlich keine plausiblen Gründe", diese Fläche aus der Vorrangfläche herauszunehmen, erläuterte Villinger.

Rechtliche Verunsicherung
"Die Basis ist nicht befriedigend, aber es ist es die Tatsache", meinte Verbandsbürgermeister Siegfried Fritsche zu den Bedingungen, unter denen der Flächennutzungplan geändert werden musste. Schwierigkeiten hätten die Kommunen derzeit auch deswegen, weil es einen "Boom bei der Windkraft" gebe. Daher gebe es auch von der "rechtlichen Seite" eine große Verunsicherung. Er war aber froh, dass der Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde überarbeitet wurde.

Nicht ganz nachvollziehen konnten die Räte jedoch den Entscheidungsprozess der vergangenen Monate. CDU-Sprecher Andreas Stellmann meinte etwa: "Es muss revolutionäre Umwälzungen gegeben haben." Er spielte damit darauf an, dass es im März noch hieß, der VG-Rat müsse zwei Vorrangflächen mit einer bestimmten Mindestgröße ausweisen, während jetzt nur noch von einer Fläche gesprochen werde. Fritsche gab Stellmann insofern recht, als er bestätigte, "dass es viele Veränderungen gab". Heute heiße es eben, dass eine Fläche reiche. Laut VG-Angaben betrug die im März diskutierte Fläche 62 Hektar, die am Mittwoch abgesegnete ist noch 29 Hektar groß. Rüdiger Pinkernell (FWG) konnte sich mit dieser Entwicklung dennoch nicht anfreunden. Als Heuchelheimer könne er es nicht akzeptieren, dass hauptsächlich seine Gemeinde - ein kleiner Teil der Vorrangfläche liegt auch auf Großniedesheimer Gemarkung - von der Vorrangfläche betroffen sei. Seine Frage, ob sich die Ortsgemeinde der Vorrangfläche verweigern könne, entgegnete ein Mitarbeiter der Verwaltung, dass man Vorrangflächen nur begrenzen könne. Villinger ergänzte: "Die Verbandsgemeinde darf keine Negativ-Planung betreiben." Würde sie keine Vorrangfläche ausweisen, könnte die Änderung des Flächennutzungsplanes nicht akzeptiert werden, "und dann gilt wieder der generelle Vorrang von Windrädern".

Auch Gunter Schall, FWG-Sprecher, meinte dann: "Wir haben die Gebiete ausgewählt, wo es schon Anfragen gibt. Den Betreffenden tut das sicher weh, aber es entspricht der Sache." Mit seiner Bemerkung, dass auf der ausgewiesenen Fläche rund sechs Windräder gebaut werden könnten, entkräftete er Vermutungen, dort könnten bis zu 30 Windräder entstehen. Einstimmig betonten die VG-Räte, dass die Vorrangfläche nicht Richtung Dirmstein geöffnet werden darf. Die Verbandsgemeinde Grünstadt-Land hatte eine entsprechende Anfrage eingebracht. Die Heßheimer Räte wollen das jedoch nicht, weil sie einen "Windpark" verhindern wollen. (ax)Zitiert, Kommentar, Bericht folgt RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 28. Jun , 03:45 Uhr

Kommentar: Vernünftig
Von Axel Nickel - Der Verbandsgemeinderat Heßheim hat trotz aller Skepsis eine gute Entscheidung getroffen. Wie groß die Verunsicherung beim Thema Windkraft derzeit ist, war am Mittwoch in der Verbandsgemeinderatssitzung zu spüren.
Innerhalb von drei Monaten hatten die Räte zum zweiten Mal über Vorrangflächen zu befinden. Was dabei verblüffte: Rechtlich hat sich einiges geändert. Im März mussten noch zwei Vorrangflächen ausgewiesen werden, jetzt reicht eine. Dass da so mancher Rat skeptisch wurde, ist verständlich. Sicherlich gilt die Linie von Bürgermeister Siegfried Fritsche, der meinte, dass jedes gebaute Windrad eines zu viel sei. Andererseits müssen die Verantwortlichen akzeptieren, dass Windkraft privilegiert wird. Insofern konnte es nur um eine Begrenzung der Standorte gehen. Dies ist gelungen - auch wenn die Heuchelheimer die Entscheidung als Hauptbetroffene missmutig hinnahmen. Immerhin haben sie das Signal bekommen, dass die Verbandsgemeinde keine Öffnung der Vorrangfläche nach Dirmstein erlauben wird. Somit wird an der A61 kein Windpark entstehen. Insofern hat der Verbandsgemeinderat eine gute Entscheidung getroffen. RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 28. Jun , 03:45 Uhr