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Sent: Wednesday, July 25, 2001 1:40 AM
Subject: Urteil vom 12.6.2001 - 10 A 97 des OVG NRW

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrter Herr Dr. Schmitt,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Benkert,

schon mehrfach haben wir darauf hingewiesen, daß die freie Landschaft an sich bereits ein schützenswertes Gut darstellt und als solche von verfremdenden und überformenden Elementen freizuhalten ist. Dies wurde bei der Genehmigung der drei baurechtlich privilegierten Windindustrieanlagen in der Heimersheimer Gemarkung nicht ausreichend berücksichtigt, auch nicht welche Menge an solchen, bereits vorhandenen Elementen für die Landschaft und für die im Umfeld lebenden Menschen überhaupt noch (v)erträglich ist.

Das beigefügte Urteil vom 12.6.2001 - 10 A 97 des OVG NRW in Münster "zur Verunstaltung des Landschaftsbildes durch zwei Windenergieanlagen außerhalb eines förmlich unter Natur- und Landschaftsschutz gestellten Bereichs" bestätigt die von uns wiederholt beanstandete mangelnde Ermittlung, insbesondere aber die fehlerhafte Abwägung der Belange, sowie deren Erheblichkeit – hier Schutzgut Landschaft -, die vor Erteilung der Genehmigung der Windindustrieanlagen in der Heimersheimer Gemarkung nicht erkannt wurde. Das Gericht führt aus, warum Windkraftanlagen trotz ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig sind.

Das Gericht bestätigt auch die von uns wiederholt vorgetragene Tatsache, daß einem Vorhaben öffentliche Belange aufgrund der Regelvermutung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen stehen. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben in der Regel öffentliche Belange entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziel der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Diese Flächen hat die Stadt Alzey mit dem Dautenheimer Windindustriegebiet bereits geschaffen!

Im Übrigen ist das fragliche Gebiet ein "faktisches" Vogelschutzgebiet, für das die strengen Schutzbestimmungen des Art.4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie unmittelbar gelten (EuGH im "Santona-Urteil" vom 02.08.93 und EuGH C-374/98 vom 7.12.2000). Im Ergebnis führt dieses Verständnis der Vogelschutzrichtlinie dazu, daß sich in faktischen Vogelschutzgebieten dieser Artikel "als ein prinzipiell strikt zu beachtendes Planungsverbot" auswirkt, das nur in extremen Ausnahmefällen überwunden werden kann". Bauleitpläne bzw. Vorhaben wie z. B. für Windindustrieanlagen, die die Lebensräume der Vögel im Sinne des Art.4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie beeinträchtigen, sind somit stets unzulässig, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die nach dem Bauleitplan zulässigen Vorhaben die Gebiete selbst oder die Umgebung erfassen.

Das Vorhaben ist, wie mehrfach aufgezeigt, aus gleich mehreren Gründen unzulässig. Dessen ungeachtet wurde mit den Bauarbeiten begonnen, und dies obwohl der Bebauungsplan noch immer nicht öffentlich ausgelegt worden ist, und das Plangebiet einer Veränderungssperre unterliegt.

Neben der Bitte um Aktenvermerk bzw. dieses Schreiben den Akten des laufenden Verfahrens beizufügen, fordern wir Sie auf, das Verfahren unverzüglich einzustellen.

In Erwartung einer kurzen, schriftlichen Stellungnahme verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Ihre BI Rheinhessen-Pfalz
Zwischen Rhein und Donnersberg

c/o Trude Fuchs