< > Trude Fuchs

Trude Fuchs

Rodensteinerstr. 13a

67592 Flörsheim-Dalsheim

VG Alzey-Land

Weinrufstraße

55232 Alzey

Dalsheim, den 28. März 2000

Sehr geehrter Herr Görisch,

zunächst möchte ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank dafür aussprechen, die von mir schriftlich vorgetragenen Bedenken aufgenommen und demokratisch verhandelt zu haben.

Sie kündigten an, die geäußerte Kritik zurechtzurücken. Ich erkenne Ihre gute Absicht an, muss aber gestehen, dass die vorgebrachten Zweifel nach wie vor nicht ausgeräumt sind. Sie führten legten daraus, dass die Ausweisung von Sonderbaufläche für Windenergienutzung in den Gemarkungen von

1.     Bechenheim, Nack, Erbes-Büdesheim

2.     Gau-Heppenheim, Framersheim

3.     Flomborn, Ober-Flörsheim(?)

ordnungsgemäß nach der Vorgabe des Raumordnungsplans verlaufen ist. Ein Kriterium zur Entscheidungsfindung war die geeignete Windsituation der genannten Gebiete. Hierbei berufen Sie sich auf ein von der Uni Kaiserslautern erstelltes Gutachten. Dieses Gutachten enthält keine verbindlichen Angaben bezüglich der Windergiebigkeit, sondern es empfiehlt vielmehr, Windmessungen über die Dauer eines Jahres an den potentiellen Standorten durchzuführen.

·       Für den Standort Flomborn wurden die empfohlenen Messungen nicht durchgeführt.

·       Wurden die empfohlenen Messungen für die beiden anderen Standorte durchgeführt?

Nach den Regeln der Raumordnung ist eine UVP-Prüfung vor weiteren Entscheidungen vorgesehen. Laut Aussage von Herr Simon vom Landesumweltamt wurde er nicht gefragt. (AZ 9. März 2000). Erst ein Schreiben vom Umweltministerium veranlasste eine im nachhinein durchgeführte verkürzte Kartierung, deren Ergebnis zur Zeit noch nicht vorliegt.

·       Für den Standort Flomborn wurde die vorgeschriebene UVP-Prüfung nicht termingerecht durchgeführt.

·       Wurde die vorgeschriebene UVP-Prüfung für die beiden anderen Standorte termingerecht durchgeführt?

Ihrer Aussage nach steht die Genehmigung der Sonderfläche für Windenergienutzung durch die Kreisverwaltung noch aus. Ich stelle hiermit fest:

·       In Flomborn wird ein "Windpark" auf einer noch nicht rechtskräftig genehmigten Sonderbaufläche für Windenergienutzung betrieben.

In diesem Zusammenhang erwähnten Sie die hervorragenden Ergebnisse der Flomborner Anlagen, die alle Prognosen überträfen. Auf welche Werte waren genannte Prognosen gegründet? Die empfohlenen Messungen, die die relevanten Werte geliefert hätten, wurden ja nicht durchgeführt. Darüber hinaus ist es wohl etwas übertrieben im konkreten Fall von "hervorragenden Ergebnissen" zu sprechen, da die Mehrheit der Anlagen die meiste Zeit still stehen. Wie allseits bekannt, müssen die Rotoren dieser funkelnagelneuen Anlagen wegen massiver Risse ausgetauscht werden. — Bisher haben Betreiber von Windkraftanlagen das Binnenland wegen der im Vergleich zu Küstengebieten ungünstigen Windsituation gemieden. Doch "die Geldvermehrung [...] basiert auf vierfacher Schützenhilfe vom Staat: [...] Sie dürfen ihren Strom zu bundesweiten Einheitsvergütungen ins Netz einspeisen, die in heutiger Höhe selbst mäßigen Windstandorten Gewinne sichern." (Das Milliardengeschenk", Ulrich von Lampe, CAPITAL 11/98)

Diese Tatsache wurde auch von einigen Ratsmitgliedern angesprochen. An dieser Stelle möchte ich allen, die sich zu Wort meldeten, meinen Dank sagen. Ihre Statements bezüglich der Windenergienutzung in unser Region waren sachlich und unmissverständlich. Ein Sprecher allerdings, ein von mir als klug und umsichtig geschätzter Herr, begegnete mit inzwischen ad Absurdum geführten Argumenten wie der Minderung des CO2 Ausstoßes und dem durch die Windenergie ermöglichten Ausstieg aus der Atomenergie. Seine Rechtfertigung der Windenergie mit dem an der Realität vorbeigehenden "politischen Willen" kann ja wohl nicht ernst gemeint sein. Alle, die wir anwesend waren, haben schon oft vergleichbare Versuche gesehen "politische Willen" um jeden Preis durchzusetzen, die entsprechenden Ergebnisse erfreuen sich lebhafter (nicht guter!) Erinnerung. Wenn besagter Herr meint, dass vorliegende Thematik nicht das mindeste mit der einer Sondermülldeponie[1] zu tun habe, so ist das ein weiterer, fataler Irrtum. Grundsätzlich ist es die gleiche Thematik, weil die gleiche Problematik vorliegt. Ein weiterer Redner verglich unsere Situation mit der jener Menschen, die im Kreis Lüchow-Dannenberg leben. Er muss sich fragen lassen, ob er wegen des oft bemühten Solidarbeitrages nun überall Gorleben-Märtyerer haben möchte, und ob damit den Menschen um Gorleben seiner Meinung nach gedient sein wird. Im übrigen lebt halb Rheinhessen im Schatten von Biblis, und wir hier im "Wonnegau" sogar paar Kilometer näher als andere Einwohner des Landkreises Alzey-Worms.


Zwei Fragen, die aufgrund der "nicht ausgeräumten Zweifel" in meinem Schreiben gestellt wurden, stehen weiterhin im Raum:

1                  Stets wird der Begriff Windpark(s) gebraucht. Was genau ist ein Windpark und welcher Behörde obliegt die Genehmigung eines solchen? — Sie konnten diese Frage nicht beantworten. Also steht weiterhin die Frage im Raum, ob Windparks an den gesetzlich vorgeschrieben Richtlinien und Verfahren vorbei entstanden sind und weiterhin entstehen werden. — In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den aus 23 Windkraftanlagen bestehenden "Windpark" auf dem Kloppberg hinweisen.

2                  Die Entsorgung der ausgedienten Anlagen ist nicht zweifelsfrei geklärt. Die dafür durch Bankbürgschaft hinterlegten(?) Mittel scheinen viel zu gering und im Falle einer "Pleite" des Betreibers nicht gewährleistet. In diesem Falle liegt die Haftung bei dem jeweiligen Grundstückseigentümer. Oder wird die Gemeinde dafür in die Pflicht genommen werden? — Bei der von einem Ratsmitglied dargestellten Problematik ging es allein um die Entsorgung der oberirdischen Teile einer Anlage. Die Entsorgung des Fundamentes jeder einzelnen Anlage, das mindestens das Volumen eines Einfamilienhaus an Beton im Boden ausmacht, wurde nicht angesprochen und steht ebenfalls weiter im Raum.

Aufgrund der vielen offenen Fragen wurde der Antrag gestellt, die Abstimmung abzusetzen, und es wurde eine erneute Beratung gefordert.

Stattdessen haben Sie einen Kompromiss vorgeschlagen, den man fast für eine "goldene Brücke" halten könnte.

1                     Auf Ihren Vorschlag mit der Verfolgung "zweier Ziele in einem Beschluss" wurde, obwohl das GNOR-Gutachten noch aussteht, dem "Beschluss laut Vorlage" unter der Bedingung die Größe der Fläche in Ober-Flörsheim auf den Bau von 12 Anlagen zu begrenzen, und die beiden nachfolgenden Punkte als Bedingung beinhaltend, mehrheitlich zugestimmt.

1.1                Ihrem Vorschlag künftig keine weiteren Flächen als Sonderbaufläche für Windenergienutzung auszuweisen wurde ebenfalls mehrheitlich zugestimmt.

1.2                Ihrem Vorschlag der Verfahrensänderung bezüglich der als Sonderbaufläche für Windenergienutzung ausgewiesen Flächen in Bechenheim, Nack, Erbes-Büdesheim ebenfalls mehrheitlich zugestimmt.

Zu 1.

Ziel des Beschlusses laut Vorlage war eine mehrheitliche Zustimmung für die Vorbehaltsfläche für Windenergienutzung.

!        Nach Raumordnungsgesetz §7 Abs.4 ist bei der Ausweisung von Vorbehaltsflächen zu prüfen ob keine anderen Belange im Raume stehen. Solange das erwartete GNOR-Gutachten nicht vorliegt, stehen noch andere Belange im Raum.

!        Des weiteren sind die "Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit der Windenergieanlagen" vom 18.2.1999 zu berücksichtigen. Mit keinem Wort wurde darauf Bezug genommen, ob die "Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit der Windenergieanlagen" bei der Entscheidungsfindung Beachtung fanden.

!        Im Zusammenhang mit der Begrenzung der Fläche in Ober-Flörsheim auf den Bau von 12 Anlagen, deren Größe die der vorhandenen Flomborner 1,6 MW Anlagen nicht überschreiten soll, ist darauf hinzuweisen, dass der anwesende Ober-Flörsheimer Bürgermeister von 15 Anlagen mit einer Leistung von 2,6 MW, sprach. — Hierzu ist anzumerken: Zu der bereits oben angesprochenen ungünstigen Windsituation des Binnenlandes kommt die geringe Energiedichte des Windes. Sie ist der Grund, der die Windenergie als Ersatz für den auf herkömmliche Weise gedeckten hohen Energiebedarf eines modernen Industriestaates ausschließt. Eben diese geringe Energiedichte veranlasst die Konstrukteure höhere Turbinen mit größeren Rotorflächen zu bauen, deren Flächenverbrauch gewaltig ist. — Dieser Aspekt wurde in keiner Weise berücksichtigt, obwohl er angesprochen wurde.

Zu 1.1 = Bedingung von 1.

!        Ein Ratsmitglied verwies auf den im Dezember 1999 getroffenen Beschluss, keine weiteren Flächen als Sonderbaufläche für Windenergienutzung im Gebiet der VG Alzey-Land auszuweisen. Zu einem Zeitpunkt also, da Ober-Flörsheim noch überhaupt kein Thema war. Man wollte schon zu dem damaligen Zeitpunkt eventuellen "Begehrlichkeiten" anderer Gemeinden vorbeugen, die dem Beispiel Flomborns bezüglich der Verbesserung des kommunalen Budgets folgen sollten. — Mit Recht werden sich in Zukunft "begehrliche Gemeinden" auf den "Kompromiss" vom 27. März 2000 berufen können und gleiche Rechte fordern. Zwistigkeiten und Unfrieden sind vorprogrammiert.

Zu 1.2 = ebenfalls Bedingung von 1.

!        Der Vorschlag der Verfahrensänderung bezüglich der als Sonderbaufläche für Windenergienutzung ausgewiesenen Flächen in Bechenheim, Nack, Erbes-Büdesheim, "vor dem Vorholz kein Windpark," wurde dankbar angenommen. Vor zwei Jahren fand die Ausweisung statt; noch ein weiteres Jahr und sie wäre hinfällig geworden, weil sie dann "verfallen" ist.

!        Der Widerstand in Erbes-Büdesheim ist sehr stark, und man weiß sich dort "auf der sicheren Seite". Das oft zierte Gutachten der Uni Kaiserslautern empfiehlt nämlich gerade für dieses Gebiet auf Windenenergienutzung zu verzichten, wegen der Nähe zu dem Landschaftsschutzgebiet "Rheinhessische Schweiz."

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass keine Zweifel ausgeräumt wurden, sondern vielmehr neue Zweifel und Bendenken hinzugekommen sind.

Mit Berufung auf das Raumordnungsgesetz §7 Abs.4 ist genannter "Beschluss nach Vorlage" auszusetzen und nach Prüfung aller relevanter Faktoren und nach Eingang der entsprechenden Gutachten neu zu verhandeln.

Mit freundlichen Grüßen

Trude Fuchs

Abdruck an die Ratsmitglieder und die AZ.



[1] Im konkreten Falle handelte es sich eine "schnöde" Hausmülldeponie.