Streit um den Feldhamster

Einkleines Tier sorgt für großen Krach zwischen Deutschland und der Europäischen Union: der Feldhamster. Ihn gibt es in Europa immer seltener. Jetzt wird ihm auch noch in der Nähe von Aachen der Gar ausgemacht. Das meint zumindest die Europäische Union und droht mit einer Klage. Es gibt dazu aber auch ganz andere Meinungen.
ARD 2.2.2001

Neuer EU-Mahnbrief
Deutschland droht Prozess um Hamster 

Brüssel.(dpa) Ein Streit um den vom Aussterben bedrohten Feldhamster könnte Deutschland vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg bringen. Die Bundesrepublik verstößt nach Ansicht der EU-Kommission in Brüssel im Fall des Nagers gegen EU-Umweltrecht, das jede Beschädigung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten gefährdeter Tiere verbietet. Brüssel wirft Deutschland vor, durch intensive Landwirtschaft und einen neuen Gewerbepark bei Aachen die Tiere zu gefährden. 

Die Kommission teilte gestern mit, sie habe bereits den zweiten Mahnbrief nach Berlin geschickt. Als nächster Schritt droht ein Gerichtsverfahren. Naturschützer kämpfen schon seit Jahren gegen den niederländisch-deutschen Wissenschafts- und Geschäftspark "Avantis", an dem bereits gebaut wird. Träger des Projektes, das 12 000 neue Arbeitsplätze bieten sollen, sind die Städte Aachen und Heerlen. Nach früheren Angaben eines Projektverantwortlichen gibt es in dem Gebiet überhaupt keine Hamster, ein Gutachter bestätigte jedoch die Existenz der Tiere. (Kölnische Rundschau vom 13. Februar 2001).

Pressemitteilungen - Archiv 1. Quartal 2001
Düsseldorf, 16.Feb.2001
Verärgerung über Feldhamster-Entscheidung der Kommission
Der Minister für Bundes- und Europaangelegeneheiten:

NRW Europaminister Samland ist verärgert und enttäuscht über die gestrige Entscheidung der Kommission, weitere rechtliche Schritte gegen Deutschland wegen der Bedrohung der Lebensräume des Feldhamsters zu unternehmen: "Ich bin überzeugt, dass wir einen Weg gefunden haben, das Gewerbegebiet Aachen-Heerlen zu verwirklichen und den Feldhamster zu schützen!" Seit Jahren schwelt der Streit zwischen der Europäische Kommission und der Bundesrepublik Deutschland wegen eines Projektes mit europäischer Dimension. Über die deutsch-niederländische Grenze hinweg soll ein zukunftsweisender Gewerbepark entstehen. Lange Zeit waren die Brüssler Behörden begeistert von diesem Projekt, war es ein europäisches Vorzeigemodell. Aber als das Gerücht die Runde machte, dass sich auf dem künftigen Gewerbegebiet der Feldhamster tummelt, war es vorbei mit lustig.

Die Freunde des Feldhamsters wollen das grenzüberschreitende Projekt kippen und die Kommission spielt mit. Vorläufiger Kulminationspunkt: die mit Gründen versehene Stellungnahme der Europäischen Kommission an die Bundesrepublik Deutschland. Dies ist der letzte Schritt vor dem Gang nach Luxemburg, vor den Europäischen Gerichtshof. Die Europäische Kommission ist der Überzeugung, dass Nordrhein-Westfalen zu wenig tut, um die Lebensräume des Feldhamsters zu schützen.

"Völliger Unsinn", sagt Europaminister Detlev Samland. "wir waren gerade dabei, der Kommission eine tragfähige Lösung anzubieten." Noch Ende Januar präsentierte Minister Samland, in einem Gespräch mit Frau Kommissarin Wallström seinen Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen versöhnenden Vorschlag. Dabei betonte Frau Wallström, dass ein nordrhein-westfälisches Hamsterschutzkonzept der richtige Weg sei und die Lösung des Problems sein könnte. Minister Samland versteht heute die Brüssler Umweltkommissarin nicht mehr: "Warum hat die Kommission nicht wie vereinbart auf unsere Ergebnisse gewartet?".

Fakt ist, dass der Feldhamster vom Aussterben bedroht ist. Fakt ist aber auch, dass die Vorarbeiten für ein Feldhamsterschutzkonzept auf Hochtouren laufen. Strittig ist, ob es in den vergangenen fünf Jahren überhaupt einen Feldhamster auf dem Gelände des künftigen Gewerbegebiets gegeben hat. Minister Samland dazu: " Ich kenne niemand, der dort jemals einen gesehen hat! Trotzdem sind wir den Tierschützern entgegengekommen und haben weitgehende Ausgleichmaßnahmen im und rund um das Gelände in Angriff genommen!" Geplant ist unter anderem auch Getreideanbau auf der Gewerbefläche - ein einmaliges Vorhaben.

Das Aachener Konzept zum Schutze des Feldhamsters wird von der Kommission nicht anerkannt. Warum? Weil der Gutachter angeblich kein ausgesprochener Kleinsäugerexperte ist. Die wahren Experten arbeiten nach Auffassung der Kommission nur auf der Seite der Naturschützer. Auch wenn die 'mal einen Flop landen, bleiben sie weiterhin glaubwürdig. Der ausgesprochene Expertenliebling der Kommission, die Stichting Hamsterwerkgroep (eine niederländische Gruppe von Feldhamsterexperten), zählte über 3000 Hamsterbauen auf dem Gewerbegebiet. Und das obwohl 1994 in der gesamten Provinz Limburg nur 99 Hamsterbaue gefunden wurden. Die Erklärung ist wahrscheinlich ganz einfach: Kurz vor der Zählung wurden Vermessungspflöcke in die Erde getrieben und anschließend wieder herausgezogen. Nach dem Entfernen der Pflöcke erweckten die verbleibenden Löcher den Eindruck, dass es sich um Reste von Hamsterfallröhren handelt.

Mehr noch: Um die eigene Position weiter zu untermauern, engagiert die Kommission einen Feldhamsterexperten, der bereits im Vorfeld äußerte, was er von dem Gewerbepark hält: "Für ihn bagatellisieren wir die Probleme aus Gleichgültigkeit und aus reinem Profitstreben." Prof. Dr. Stubbe (Feldhamsterexperte von der Universität Halle) nahm einen Auftrag der Kommission an - für den er natürlich bezahlt wurde. Bagatellisieren tat allerdings er das Problem des Feldhamsters. Er stellte im Januar 2000 fest, dass es den Feldhamster dort gibt. Die Profis waren entsetzt. Schließlich weiß jeder Anfänger, dass der Feldhamster im Januar seinen Winterschlaf hält. Erst ab April kann man wissenschaftlich fundierte Aussagen machen! Aber auch das brachte die Kommission nicht von ihrer festgelegten Meinung ab.

Minister Samland wird Frau Kommissarin Margot Wallström über den Fortschritt an den Arbeiten an einem Feldhamsterschutzkonzept kontinuierlich informieren. Im Sommer wird das Konzept stehen und dann umgesetzt werden. Der Minister hofft, dass dann die Kommission die Anstrengungen Nordrhein-Westfalen positiv würdigen wird.

http://www.euronews.net/ge/feedback/feedback.htm. 13.2.2001

Zum heute morgen gesendeten Beitrag über die EU Rüge für einige Mitgliedsländer bezüglich nicht Beachtung schützenswerter Tierarten, folgende Korrektur:
Feldhamster sind nicht in Kinderzimmern oder Laboratorien anzutreffen, sie stellen eine eigene, schwer gefährdete Art dar. Der in Laboratorien geschundene oder von Kindern oft schlecht gehaltene Hamster ist der syrische Goldhamster. Wie sein Status in Syrien ist, ist mir ad hoc nicht bekannt, aber durch Gefangenschaftszucht ist diese Art sicher nicht bedroht. Feldhamster und Goldhamster sind weit weniger miteinander verwandt als Mensch und Orang Utan.
Zum zweiten. Fledermäuse sind nicht blind. Sie sehen sehr wohl, wenn ihr Gesichtssinn auch durch ihr phänomenales Echopeilsytsem unterentwickelt ausgebildet ist. Ich verstehe nicht, warum ein Sender wie Ihrer nicht in der Lage ist seine Berichte gründlich zu recherchieren. Ich bin sicher es würde sich ein arbeitsloser Biologe finden, der biologischen Beiträge, gegen ein kleineres Entgelt oder zu Beginn vielleicht sogar umsonst, gerne überprüft.
MfG
Gabriele Schaden
Hamsterbauten in Avantis stammen von Wanderratten
Aachen. Auslöser war eine mündliche Verhandlung vor dem Raad van State, dem höchsten niederländischen Verwaltungsgericht: Dort wurde am 20. April von Naturschützern behauptet, es gebe Nachweise für Feldhamster in Avantis. Die Resonanz war groß. ( 02.05.2001 19:59 )

Doch Hamster in «Avantis»?
Aachen. Die Feldhamster und das deutsch-niederländische Gewerbegebiet «Avantis» - ein seit Jahren diskutiertes Thema, das internationale Gerichte beschäftigt. Vergangene Woche wurden laut Stadtverwaltung auf deutscher Seite am nordöstlichen Rand des Gewerbegebietes Tierbauten gefunden, die von Feldhamstern stammen könnten.
Zwischenzeitlich beauftragte die Untere Landschaftsbehörde den niederländischen Experten Dr. Renè Krekels, dessen Büro das Hamster-Gutachten für den niederländischen Teil von «Avantis» erstellt hat, mit umfassenden Untersuchungen. Das Ergebnis soll am Mittwoch vorliegen.
01.05.2001 20:47