Nachstehend bringen wir die ungekürzte Berichterstattung der Allgemeinen Zeitung Alzey und der Wormser Zeitung in iher Wochenendausgabe vom 17.3.2001. Lesen Sie auch unsere Presseerklärung mit Richtigstellung von Willenbachers Behauptungen.

Allgemeine Zeitung Alzey und Wormser Zeitung 17. März 2001

Windparkbetreiber muss Prügel einstecken - „Anwesenheitslisten“ gewaltsam entrissen

„Als arglistige Täuschung“, bezeichnet Trude Fuchs von der Bürgerinitiative gegen Windkraft die Vorgehensweise des Windpark-Unternehmers, Matthias Willenbacher. Er hatte in der Bürgerbeteiligung in Ober-Flörsheim „Anwesenheitslisten“ herumgereicht. Die Windkraftgegner behaupten, er wollte die Anschriften und Daten der Widerspruchsführer.

Von unserem Redaktionsmitglied Armin Burkart

Die Vorgeschichte: Willenbacher ist als erfolgreicher Windparkbetreiber in Flomborn. Dort stehen 12 Windräder. Sein Plan ist es, 10 bis 15 weitere in Ober-Flörsheim zu erstellen. Vereinbart war zunächst ein Windpark „in gleicher Größe wie in Flomborn“, räumt Willenbacher im Gespräch mit der AZ ein. Ein Mitarbeiter der Verbandsgemeinde muss sich beim Nachzählen in Flomborn vertan haben. Auf Vorschlag Willenbachers hatte die Gemeinde Flomborn auch keine Einwendungen gegen 15 Windkrafträder, damit ging man nun vor die Bürger.

Der Windkraftunternehmer sieht kein Problem für die Einrichtung des Parks. Grundstücke für 15 Generatoren hat er, denn er zahlt hohe Pachten, für 1000 Quadratmeter 7500 Mark im Jahr. Die Gemeinde steht dem Vorhaben nicht abgeneigt gegenüber, denn pro Windrad kassiert sie im Jahr 6500 Mark an Durchleitungsabgabe und Wegebenutzungsgebühren. Macht pro Jahr für die Gemeindekasse in Ober-Flörsheim 97500 Mark. Selbst das von Willenbacher in Auftrag gegebene ornithologische Gutachten hat keine Einwendungen gegen den Windpark.

Gegenwind kommt von einzelnen Ober-Flörsheimern und von der Bürgerinitiative gegen Windkraft. „Das in Ober-Flörsheim geplante Vorhaben wird alle Dimensionen des gesetzwidrigen Flomborner Windindustrieparks sprengen: Mehr und bedeutend größere Windrotoren sollen viel näher bei dem Ort errichtet werden.“

„Alles gelogen“, kontert Willenbacher, „ich muss mich nur gegen Unwahrheiten wehren.“ Die Höhe der Windräder in Ober-Flörsheim werde 100 Meter nicht übersteigen und der Durchmesser der Rotoren werde nicht größer sein, als der der „Windmühlen“ in Flomborn. Die kürzeste Entfernung zur Ortsbebauung betrage 1250 Meter. [Wer einen Gestattungsvertrag unterschreiben hat, hat seine Zustimmung für Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 72 Metern gegeben!]

Der Kampf tobt: Ober-Flörsheimer Grundstückseigentümer haben anonyme Briefe bekommen, in denen Willenbacher der Korruption beschuldigt wird. Das Gutachten des Ornithologen – so steht es in dem Brief – habe er gekauft, das sei aus „sicherster Quelle“ bekannt. [Das hat sich, wie jedermann jetzt überprüfen kann, als wahr erwiesen!]

Dass Willenbacher eine Anwesenheitsliste bei der Bürgeranhörung herumgehen ließ, bestreitet er gegenüber der AZ nicht. „Ich wollte Schriftproben, um sie mit den anonymen Briefen zu vergleichen.“ Daraus wurde nicht viel. Denn beim Einsammeln der Listen erkannt man ihn und auf dem Weg in sein Auto wurden sie ihm gewaltsam abgenommen. „Die haben mich brutal an die Wand gestoßen und verprügelt“, schimpft Willenbacher.

Allgemeine Zeitung Alzey, 17. März 2001

Wie schafft man Akzeptanz?

Armin Burkart zur Windkraft

Wie Pilze sind sie in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen, die Windkraftanlagen in Rheinhessen. Und mit der Zahl der Anlagen stieg bisher auch die Zahl der Gegner. Knapp 60 werden es demnächst in unserer engeren Heimat sein, wenn die 15 in Ober-Flörsheim und drei weitere in Heimersheim stehen werden. Entsprechende Flächen sind ausgewiesen. Nun tobt der Kampf in Ober-Flörsheim und er wird auch kräftig von außen angeheizt, das ist nicht zu überhören und zu übersehen.

Konnten sich anderenorts Gemeinderäte in der Vergangenheit hinter Gutachten verstecken und Anlagenpläne so zu Fall bringen, so deutet in Ober-Flörsheim alles darauf hin, dass die Entscheidung dem Gemeinderat nicht abgenommen wird. Denn die neuen Windkrafträder sollen nicht in die Flugbahn von Zugvögeln kreuzen und aussterbende Arten nicht am Brüten hindern. Ja noch nicht einmal Frösche und seltene Fliegen haben die Ober-Flörsheimer Gegner aufzuweisen, die ein Bauversagen untermauern könnten. [Das künftige Windindustriegebiete soll - Herrn Burkarts Wunsch folgend - auch Frösche enthalten, da ein Teilzeitfeuchtbiotop geplant ist! Jedermann darf jetzt die JuWi-Pläne einsehen, auch Herrn Burkart].

Den Menschen hat sich indes der tüchtige Windparkbetreiber gewidmet, mit hohen Pachten für die Flächen, auf denen die Anlage entstehen soll. Selbst dem Gemeinderat scheint die Entscheidung erschwert, weil ja rund 100000 Mark Einnahmen jährlich für Ober-Flörsheim auch mehr als nur ein „warmer Regen“ sind.

Schöner sind die Windräder im Lauf der Jahre nicht geworden, Dank der Einnahmen offensichtlich aber akzeptabler.